Keine vorläufige Außervollzugsetzung der Testpflicht für den Schulbesuch

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat mit aktuellem Beschluss einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des nach der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020 bestehenden testabhängigen Zutrittsverbots zu einem Schulgelände während des Schulbetriebs abgelehnt. Die Testpflicht sei nicht zu beanstanden und müsse angesichts des Gesundheitsschutzes hingenommen werden.

Schüler klagten gegen zweimal wöchentliche Testung als Voraussetzung für Präsenzunterricht

Gegen diese Regelung hatten sich drei Schüler aus dem Landkreis Harburg mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Sie hatten im Wesentlichen geltend gemacht, die angegriffenen Bestimmungen verletzten sie in ihren Grundrechten auf Achtung der Menschenwürde aus Art. 1 GG, auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 GG und auf Erziehung und Betreuung durch ihre Eltern aus Art. 6 GG. Die Anordnung der Testpflicht obliege allein den zuständigen Gesundheitsbehörden und nicht den Schulen. Außerdem sei die Testpflicht willkürlich und unverhältnismäßig. Die eingesetzten Antigen-Schnelltests seien nicht in der Lage, die Infektiosität einer Person nachzuweisen oder ein Infektionsgeschehen zu ermitteln. Deswegen dürfe der Schulbesuch, auf den ein Rechtsanspruch bestehe, nicht von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht werden.

OVG weist Normenkontrollantrag ab

Das OVG hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Das in § 13 Abs. 4 Corona-VO angeordnete Verbot, das Schulgelände nicht ohne zweimalig wöchentlich durchgeführte Testung mit negativem Ergebnis betreten zu dürfen, sei voraussichtlich rechtmäßig. Nach der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts beträfen COVID-19-bedingte Ausbrüche zunehmend auch Schulen, sodass für den Schulbetrieb ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr bestehe. Die in der grundsätzlich nicht zu beanstandenden Verordnung getroffenen Schutzmaßnahmen seien auch in ihrem konkreten Umfang als notwendige Infektionsschutzmaßnahmen anzusehen. Die Eignung werde nicht dadurch infrage gestellt, dass jeder in Eigenverantwortung durchgeführte Corona-Schnelltest immer nur eine Momentaufnahme sei und nicht die Qualität einer PCR-Testung habe. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die überwiegende Mehrheit die Testdurchführung unzureichend handhabe.

Verordnete Testpflicht ist verhältnismäßig

Die getroffenen Schutzmaßnahmen erwiesen sich schließlich auch als angemessen, da - soweit ein Grundrechtseingriff zu bejahen sei - dieser nur von geringem Gewicht sei. Der Zutritt zu einem Schulgelände während des Schulbetriebs und damit auch die Teilnahme am Präsenzunterricht werde zwar von dem Nachweis abhängig gemacht, nicht mit SARS-CoV-2 infiziert zu sein. Dieser Nachweis könne aber ohne Weiteres durch einen Selbsttest geführt werden, der die Betroffenen lediglich gering belaste. Etwaige Belastungen durch falsch-positive Testergebnisse seien bis zu einer Klärung durch eine PCR-Testung nur von kurzer Dauer und führten nicht zur Unangemessenheit des testabhängigen Zutrittsverbots.

Belastungen sind lediglich gering und müssen hingenommen werden

Die minderjährigen Schülerinnen und Schüler in der richtigen Anwendung der Selbsttests zu unterweisen, sie über die Bedeutung der Selbsttests und auch sonst des eigenverantwortlichen Handelns in der Pandemiebekämpfung aufzuklären und sie im Umgang selbst mit positiven Testergebnissen vertrauensvoll zu begleiten, sei zuvörderst Aufgabe und zugleich Pflicht der Eltern. Im Übrigen könne der Selbsttestung letztlich regelmäßig durch eine Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht ausgewichen werden. Die verbleibende Belastung für die vom testabhängigen Zutrittsverbot betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie das Schulpersonal sei angemessen und daher von ihnen hinzunehmen, da das testabhängige Zutrittsverbot der staatlichen Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Vorschub leiste, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und der Verwirklichung des Rechts auf Bildung nach Art. 4 Abs. 1 NV diene, indem Präsenzunterricht bei deutlicher Reduktion des Infektionsrisikos in der Schule ermöglicht werde.

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2021.