OVG Lüneburg: Haftung aus "Flüchtlingsbürgschaften" endet mit Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung

Die Geltungsdauer von Verpflichtungserklärungen, die anlässlich der Aufnahme syrischer Flüchtlinge aufgrund der Anordnungen des Niedersächsischen Innenministeriums ab 2013 abgegeben worden sind, endet mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG an den begünstigten Ausländer. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg mit Urteilen vom 11.02.2019 entschieden. Für Zeiten nach der Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung hafte der Verpflichtungsgeber nicht (Az.: 13 LB 435/18 bis 13 LB 443/18).

"Flüchtlingsbürgschaft" erstreckt Haftung auf fünf Jahre

Ab 2013 ermöglichte auch das Land Niedersachsen besonders schutzbedürftigen syrischen Flüchtlingen, über eine Aufnahmeanordnung legal in das Bundesgebiet einzureisen und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG zu erlangen. Die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis setzte auch voraus, dass ein Dritter (Verpflichtungsgeber) sich gemäß § 68 AufenthG gegenüber der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung verpflichtete, die Kosten für den Lebensunterhalt des einreisenden Ausländers zu tragen. Aufgrund dieser Verpflichtungserklärung oder sogenannten Flüchtlingsbürgschaft hat der Verpflichtungsgeber grundsätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden.

OVG: Haftung endet mit Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung

Laut OVG musste eine solche Verpflichtungserklärung, die auf einem amtlichen Vordruck (Bundesdruckerei Artikel-Nr. 10150) ohne individuelle Zusätze bezüglich der "Dauer der Verpflichtung" erteilt worden ist, von der entgegennehmenden und insoweit allein maßgeblichen niedersächsischen Ausländerbehörde dahin verstanden werden, dass die Geltungsdauer sich auf den Aufenthalt nach § 23 Abs. 1 AufenthG beschränkt und folglich mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 (Anerkennung als Asylberechtigter) oder Abs. 2 AufenthG (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes) an den begünstigten Ausländer endet.

Innenministerium äußerte sich klar: Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG dienen "anderem Aufenthaltszweck"

Denn der Inhalt der Verpflichtungserklärung sei – neben dem Willen des Verpflichtungsgebers – anhand einer objektiven Würdigung aller erkennbaren Umstände zu ermitteln, so das OVG weiter. Dazu gehöre auch die – jedenfalls bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.01.2017 (BeckRS 2017, 104359) – hinreichend klar und verbindlich gegenüber den niedersächsischen Ausländerbehörden geäußerte Auffassung des Niedersächsischen Innenministeriums, dass ein die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung beendender "anderer Aufenthaltszweck" die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG wegen der Anerkennung als Asylberechtigter oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes an den begünstigten Ausländer ist und auch sein soll und die Haftung des Verpflichtungsgebers damit endet.

OVG Lüneburg, Urteil vom 11.02.2019 - 13 LB 435/18

Redaktion beck-aktuell, 11. Februar 2019.

Mehr zum Thema