Fünfjähriger begehrt Betreuung
Der fünfjährige Antragsteller begehrt vom Landkreis Göttingen den Nachweis eines zumutbaren und bedarfsgerechten Kindergartenplatzes mit einer Betreuungszeit von jeweils sechs Stunden von montags bis freitags. Das Verwaltungsgericht Göttingen hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dass der Anspruch aus § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII auf Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes mit dem ihm im Jahr 2019 nachgewiesenen, aber in der Zwischenzeit von dem beigeladenen Kindertagesstätten-Verband gekündigten Platz erfüllt worden sei (BeckRS 2021, 33261). Die Eltern des Antragstellers müssten gegen die vom Beigeladenen mit Wirkung zum 15.09.2021 wegen des Verhaltens des Antragstellers ausgesprochene Kündigung des Betreuungsvertrags im zivilrechtlichen Kündigungsschutzverfahren vorgehen.
OVG gibt Eilantrag statt
Die dagegen vom Antragsteller erhobene Beschwerde hatte nun Erfolg. Das OVG hat den Beschluss des VG geändert und den Landkreis Göttingen verpflichtet, dem Antragsteller einen wohnortnahen Platz in einer Kindertageseinrichtung von montags bis freitags im Umfang von jeweils sechs Stunden bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zur Verfügung zu stellen. Dies hat das OVG damit begründet, dass der dem Antragsteller im Jahr 2019 nachgewiesene Kindergartenplatz beim Beigeladenen nicht mehr zur Verfügung stehe, nachdem dieser Platz in der Zwischenzeit durch ein anderes Kind belegt worden sei, sodass auch ein zivilrechtliches Kündigungsschutzverfahren nicht den gewünschten Erfolg haben könne. Außerdem sei es nachvollziehbar, dass die Eltern des Antragstellers im Hinblick auf das Wohl ihres Kindes gegen den Willen des Beigeladenen eine weitere Betreuung ihres Kindes in dessen Einrichtung nicht erzwingen wollten. Werde ferner berücksichtigt, dass der Antragsgegner von seinen Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber dem Beigeladenen selbst keinen Gebrauch gemacht habe, könne dem Anspruch des Antragstellers nicht entgegengehalten werden, dass seine Eltern nicht gegen die vom Beigeladenen ausgesprochene und vom Antragsgegner als rechtswidrig angesehene Kündigung vorgegangen seien.
Einwand der Unmöglichkeit greift nicht
Der Antragsgegner könne sich auch nicht darauf berufen, dass er vor dem Frühjahr 2022 keinen alternativen Kindergartenplatz für den Antragsteller anbieten könne. Denn der Anspruch aus § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII stehe unter keinem Kapazitätsvorbehalt. Es handele sich insoweit um eine unbedingte Bereitstellungs- beziehungsweise Gewährleistungspflicht, der der Jugendhilfeträger nicht mit dem Einwand der Unmöglichkeit begegnen könne.
Betreuungsumfang soll Eltern Erwerbstätigkeit ermöglichen
Zum erforderlichen Umfang der Betreuung führte das OVG weiter aus, dass zwar dem Bundesrecht entnommen werden könne, dass kein Anspruch auf eine ganztägige Betreuung für Dreijährige bestehe, doch dass im Übrigen weder das Bundesrecht noch das Landesrecht diesbezüglich konkrete Vorgaben enthielten. Aus § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ergebe sich jedoch die Zielvorgabe, dass die Tageseinrichtungen den Eltern dabei helfen sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Dieses Ziel könne mit einer lediglich vierstündigen Betreuung nicht erreicht werden, da unter Berücksichtigung der Wegezeiten eine Betreuung in diesem Umfang bereits eine Halbtagstätigkeit zeitlich nicht ermögliche. Unter Fortentwicklung seiner Rechtsprechung (BeckRS 2018, 33033) hat der Senat daher nunmehr entschieden, dass zur Erfüllung des Anspruchs aus § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII eine Betreuung an fünf Tagen in der Woche im Umfang von jeweils sechs Stunden angeboten werden muss. Der Beschluss ist unanfechtbar.