Betreiber einer Biogasanlage muss Gärrückstände nicht zwingend selbst lagern

Biogasanlagenbetreiber sind nicht zur Vorhaltung eigener Lagerkapazitäten für ihre Gärrückstände verpflichtet, wenn sie deren düngerechtlich konforme landwirtschaftliche Verwertung durch schriftliche vertragliche Vereinbarungen mit Dritten sicherstellen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg am Donnerstag entschieden. Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Betreiber ohne eigene Aufbringungsfläche

Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage, ohne über eigene Aufbringungsflächen für die bei dem Betrieb der Anlage anfallenden Gärrückstände zu verfügen. Nach der im Jahr 2017 erfolgten Änderung der Düngeverordnung (DüV) ist in deren § 12 Abs. 3 festgelegt, dass Biogasanlagenbetriebe, die Gärrückstände erzeugen und über keine eigenen Aufbringungsflächen verfügen, ab dem 01.01.2020 sicherzustellen haben, dass sie mindestens die in einem Zeitraum von neun Monaten anfallenden Gärrückstände sicher lagern können, wenn sie diese im Betrieb verwenden oder an andere zu Düngezwecken abgeben.

Verwendung als Düngemittel "Verwertung"?

In § 12 Abs. 5 DüV heißt es weiter: "Soweit der Betrieb, in dem die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Stoffe anfallen, nicht selbst über die nach den Absätzen 1 bis 4 erforderlichen Anlagen zur Lagerung verfügt, hat der Betriebsinhaber durch schriftliche vertragliche Vereinbarung mit einem Dritten sicherzustellen, dass die das betriebliche Fassungsvermögen übersteigende Menge dieser Stoffe überbetrieblich gelagert oder verwertet wird." Die Klägerin vertritt die von der beklagten Landwirtschaftskammer Niedersachsen abweichende Auffassung, dass "Verwertung" im Sinne des § 12 Abs. 5 DüV auch die überbetriebliche landwirtschaftliche Verwertung, insbesondere durch eine Verwendung als Düngemittel umfasse.

VG: Keine Verwendung als Düngemittel 

Auf diese Feststellung hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg Klage erhoben. Das VG ist der Ansicht der Klägerin nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen (BeckRS 2020, 30235). Die Entscheidung hat das VG insbesondere darauf gestützt, dass nur eine Verwertung, bei der die Gärrückstände nicht zum Zwecke der Düngung verwendet werden, den Zielen der Vorschrift – dem Boden- und Gewässerschutz – gleichermaßen gerecht werde.

OVG: Gärrückstände als Düngemittel nutzbar

Das OVG Niedersachsen hat dieses Urteil geändert und dem Feststellungsbegehren der Klägerin entsprochen. Dass die Verwertung durch Dritte im Sinne des § 12 Abs. 5 DüV auch eine landwirtschaftliche Nutzung von Gärrückständen als Düngemittel umfasse, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Sofern der Verordnungsgeber die Verwertungsmöglichkeiten durch Dritte habe einschränken wollen, hätte er dies bei der Ausgestaltung der Norm zum Ausdruck bringen müssen. Aufgrund der konkreten Formulierung des § 12 Abs. 5 DüV habe der Anlagenbetreiber allerdings vertraglich sicherzustellen, dass die Verwertung auch entsprechend den Vorgaben der Düngeverordnung erfolgen werde. In diesem Fall könnten die Ziele der Düngeverordnung ebenfalls erreicht werden, betonte das OVG.

OVG Lüneburg, Urteil vom 21.04.2022 - 10 LC 247/20

Redaktion beck-aktuell, 22. April 2022.