OVG Lüneburg: Besoldung niedersächsischer Beamter verfassungswidrig zu niedrig bemessen

Die Besoldung niedersächsischer Beamter der Besoldungsgruppen A 8 und A 11 sowie die Versorgung niedersächsischer Beamter der Besoldungsgruppe A 13 im Jahr 2013 war verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Dies hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am 25.04.2017 in vier Berufungsverfahren entschieden, in denen es um die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung und Versorgung niedersächsischer Beamter seit dem 01.01.2005 ging (Az.: 5 LC 227/15, 5 LC 228/15, 5 LC 229/15 und 5 LB 283/13).

Weihnachtsgeld für Beamte, Richter und Versorgungsempfänger größtenteils gestrichen

Die vier Kläger hatten im Jahr 2005 geltend gemacht, dass ihre Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge ab dem 01.01.2005 verfassungswidrig zu niedrig bemessen seien, nachdem das so genannte Weihnachtsgeld für Beamte, Richter und Versorgungsempfänger in Niedersachsen seit 2003 mehrmals abgesenkt und mit Wirkung vom 01.01.2005 größtenteils gestrichen worden war. Zwei der vier Kläger sind Ruhestandsbeamte und erhalten Versorgungsbezüge nach den Besoldungsgruppen A 13 beziehungsweise B 6. Die beiden anderen Kläger sind Beamte im aktiven Dienst, von denen der eine bis zu seiner Beförderung im Jahr 2014 Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 8 erhalten hatte und seitdem nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldet wird. Der andere Beamte hatte bis zu seiner Beförderung im Jahr 2014 Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 11 erhalten und wird seitdem nach der Besoldungsgruppe A 12 besoldet.

Ruhen der Berufungsverfahren angeordnet

Das VG Lüneburg hat die Klagen in den Jahren 2007 und 2009 abgewiesen. Gegen diese Urteile haben die Kläger jeweils Berufung eingelegt. Wegen beim Bundesverfassungsgericht anhängiger Normenkontrollverfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Beamten und Richtern hatte der Fünfte Senat das Ruhen der Berufungsverfahren angeordnet.

BVerfG entschied zunächst zur Besoldung von Richtern und Staatsanwälten

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 05.05.2015 (BeckRS 2015, 45175) zunächst über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Richtern und Staatsanwälten (sogenannte R-Besoldung) in verschiedenen Bundesländern und zu unterschiedlichen Zeiträumen entschieden. In diesem Urteil hat es Berechnungsmethoden sowie mehrere Prüfungsstufen und Parameter festgelegt, an denen die Besoldung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zu überprüfen ist. Mit Beschluss vom 17.11.2015 (BeckRS 2015, 56293) hat das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Beamten der Besoldungsgruppe A (sogenannte A-Besoldung) in verschiedenen Bundesländern und zu unterschiedlichen Zeiträumen entschieden und dabei an seinen Kriterien aus dem Urteil vom 05.05.2015 festgehalten.

BVerfG soll das Jahr 2013 betreffend erneut entscheiden

Das OVG hat betreffend das Jahr 2013 hinsichtlich der Besoldungsgruppen A 8, A 11 und A 13 die Berufungsverfahren abgetrennt und ausgesetzt (Az.: 5 LC 75/17, 5 LC 76/17 und 5 LC 77/17), um die Entscheidung des BVerfG zu der Frage einzuholen, ob die für die Besoldung beziehungsweise Versorgung der Kläger im Jahr 2013 maßgebenden Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das OVG ist davon überzeugt, dass die im Jahr 2013 maßgebenden Vorschriften mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar und deshalb verfassungswidrig sind. Eine Gesamtbetrachtung der für die Bestimmung der Besoldungs- beziehungsweise Versorgungshöhe maßgeblichen Kriterien habe ergeben, dass die im Jahr 2013 in den Besoldungsgruppen A 8 und A 11 gewährte Besoldung sowie die im Jahr 2013 in der Besoldungsgruppe A 13 gewährte Versorgung evident unzureichend und verfassungswidrig war.

Besoldung in Jahren 2005 bis 2012 nicht zu beanstanden

Soweit die Kläger in diesen drei Berufungsverfahren zudem die Feststellung begehrt haben, dass ihre Besoldung beziehungsweise Versorgung auch in den Jahren 2005 bis 2012 und in der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 25.04.2017 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war, hat das OVG die Berufungen dagegen zurückgewiesen (Az.: 5 LC 227/15, 5 LC 228/15 und 5 LC 229/15). Hinsichtlich dieser Zeiträume habe bereits die Prüfung der für die Bestimmung der Besoldungs- beziehungsweise Versorgungshöhe maßgeblichen Parameter auf der vom BVerfG entwickelten ersten Prüfungsstufe ergeben, dass die Besoldung beziehungsweise Versorgung im Ergebnis verfassungsrechtlich noch nicht zu beanstanden war. Das OVG hat allerdings die Revision gegen seine Urteile wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssachen zugelassen.

Versorgung in viertem Verfahren während gesamten Zeitraums nicht zu beanstanden

Die Berufung des vierten Klägers, der die Feststellung begehrt hat, dass seine Versorgung nach der Besoldungsgruppe B 6 in dem Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 25.04.2017 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war, hat das OVG insgesamt zurückgewiesen (Az.: 5 LB 283/13). In diesem Verfahren habe die Prüfung der für die Bestimmung der Versorgungshöhe maßgeblichen Parameter auf der ersten Prüfungsstufe ergeben, dass die Versorgung während des gesamten Zeitraums, also auch im Jahr 2013, im Ergebnis verfassungsrechtlich noch nicht zu beanstanden war. Das OVG hat aber auch in diesem Verfahren die Revision gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

OVG Lüneburg, Urteil vom 25.04.2017 - 5 LC 227/15

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2017.

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