Ausfuhr von Zuchtrindern nach Marokko aus tierschutzrechtlichen Gründen untersagt
Die Antragstellerin beantragte beim Landkreis Emsland die Erteilung des für den Transport von 500 Rindern nach Marokko nach einer EU-Verordnung erforderlichen Stempels in den Fahrtenbüchern. Nachdem das Niedersächsische Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) den Landkreis angewiesen hatte, den geplanten Transport zu untersagen, und dies in einer Pressemitteilung veröffentlicht hatte, erließ der Landkreis einen Transport-Stopp aus tierschutzrechtlichen Gründen.
Eilantrag erfolgreich: Konkrete Gefahr für Tiere nicht nachgewiesen
Der von der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht gestellte Eilantrag war erfolgreich. Das Gericht verpflichtete die Antragsgegnerin, die Transporte zu genehmigen und die Fahrtenbücher entsprechend zu stempeln. Hiergegen legte der Landkreis Beschwerde ein. Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr auch die Beschwerde zurückgewiesen, da das Verbot der Tiertransporte voraussichtlich rechtswidrig sei. Es sei schon verfahrensrechtlich problematisch, dass die Antragstellerin vor Erlass des Verbots nicht angehört worden sei und von der Verfügung erst einen Tag vor deren Erlass aus den Pressemitteilungen des Ministeriums erfahren habe. In materieller Hinsicht sei zu beanstanden, dass die für den Erlass einer entsprechenden Verbotsverfügung nach § 16a TierSchG erforderliche konkrete Gefahr durch den insofern darlegungs- und beweispflichtigen Landkreis nicht dargelegt sei.
Pauschale Behauptung heißen Klimas in Marokko nicht ausreichend
Die Annahme einer konkreten Gefahr erfordere, dass im konkreten Einzelfall in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein tierschutzwidriger Vorgang zu erwarten sei. In dem angefochtenen Bescheid werde jedoch nur pauschal, ohne Bezugnahme auf den vorliegenden Einzelfall und ohne die Angabe nachprüfbarer Quellen und Erkenntnismittel allgemein und überwiegend wortgleich mit der Pressemitteilung des Ministeriums vom 20.05.2021 ausgeführt, dass aufgrund der geografischen sowie klimatischen Verhältnisse in Marokko davon auszugehen sei, dass die Rinder dort nicht tierschutzgerecht gehalten werden könnten. Diese allgemeinen, undifferenziert auf ganz Marokko bezogenen und in keiner Weise durch nachprüfbare Quellenangaben belegten Ausführungen seien nicht geeignet, eine konkrete Gefahr im Sinn des § 16a TierSchG darzulegen.
Käufer in kühlerer Region beheimatet
Die Antragstellerin habe vielmehr glaubhaft gemacht, dass sie die Rinder an den zweitgrößten Molkereibetreib in Marokko verkauft habe. Nach den unbestrittenen und plausiblen Angaben der Antragstellerin liege dieser Betrieb im östlichen Zentrum der durch einen der längsten und wasserreichsten Flüsse Südmarokkos geprägten Souss-Ebene und produziere für ein namhaftes internationales Lebensmittelunternehmen Milchprodukte. Auch nach einer Recherche eines Landkreismitarbeiters handele es sich bei dem Zielbetrieb um einen größeren landwirtschaftlichen Betrieb in einer durch intensive Landwirtschaft geprägten Region, in der im Gegensatz zu den dünn oder nicht besiedelten Regionen in Marokko vor allem nachts auch im Hochsommer kühlere Temperaturen zu erwarten seien. Auch habe der Landkreis keinerlei konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass - wie von ihm behauptet - in absehbarer Zeit nach dem Transport der Rinder mit einer tierschutzwidrigen Schlachtung oder Schächtung zu rechnen sei.