Beherbergungsverbot: Niedersachsens "Landeskinderregelung" außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg hat die so genannte Landeskinderregelung der niedersächsischen Corona-Verordnung bei der Beherbergung zu touristischen Zwecken vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das grundsätzliche Verbot der Beherbergung von Personen ohne Wohnsitz in Niedersachsen zu touristischen Zwecken sei keine notwendige Schutzmaßnahme mehr. Das OVG führt damit seine Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit des Beherbergungsverbots nach der Corona-Beherbergungs-Verordnung des Landes fort.

Nordrhein-Westfale klagt gegen "Landeskinderregelung"

Der Antragsteller, der in Nordrhein-Westfalen wohnt und ab dem 22.05.2021 einen Urlaubs-Aufenthalt in einer Ferienwohnung auf Borkum gebucht hat, hatte sich gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Corona-VO gewandt. Danach dürfen sich Übernachtungs- und Vermietungsangebote in Hotels, Ferienwohnungen und -häusern, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen nur an Personen richten, die ihren Wohnsitz in Niedersachsen haben. Dies sei keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme und stelle eine Ungleichbehandlung dar, meint der Antragsteller.

Erforderlichkeit der "Landeskinderregelung" fraglich

Das OVG ist dieser Argumentation gefolgt. Das bloße Verbot der Beherbergung von auswärtigen Besuchern trage nur wenig zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bei, da Tagestouristen trotzdem nach Niedersachsen kommen könnten, ohne einer Testpflicht zu unterliegen. Zudem seien von dem Verbot Beherbergungen durch Private, Beherbergungen zu anderen als touristischen Zwecken sowie die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und ähnlichen Einrichtungen durch die Nutzungsberechtigten ausgenommen. Es sei zweifelhaft, ob die "Landeskinderregelung" angesichts des beschränkten Nutzens erforderlich sei. Es gebe keine verlässlichen Daten, welche Zahl von infizierten Personen auf Reisen innerhalb des Bundesgebiets zurückzuführen seien.

Hinweis auf mildere und ebenso wirksame Schutzmaßnahmen

Durch die ohnehin bereits in der Verordnung vorgesehene Begrenzung auf 60% der Kapazität bei Hotels, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen sowie die Wiederbelegungssperre von einem Tag für Ferienwohnungen und -häuser sei gewährleistet, so das OVG, dass es in den Unterkünften und an den Urlaubsorten nicht zu einem Aufkommen an Urlaubern komme, das die Wahrung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Corona-VO unmöglich mache. Hinzu komme, dass die beherbergten Personen bei Beginn der Nutzung einen negativen Corona-Test laut Verordnung sowie darüber hinaus mindestens zwei Tests pro Woche durchzuführen und dies dem Vermieter oder Betreiber nachzuweisen hätten. Dies stelle ein milderes, aber nahezu gleich effektives Mittel dar.

Verbot mit Blick auf Berufsausübungsfreiheit nicht angemessen

Darüber hinaus ist das Beherbergungsverbot laut OVG unangemessen. Denn eine Abwägung insbesondere der Interessen der Betreiber von Beherbergungsbetrieben mit den zu erwartenden geringen Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen ergebe, dass die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stünden. Dies gelte erst recht, nachdem das Beherbergungsverbot auch für Geimpfte und Genesene greife, so die Lüneburger Richter.

Anreisen aus Niedersachsen selbst mitunter sogar gefährlicher

Darüber hinaus liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Personen mit einem Haupt- oder Nebenwohnsitz in Niedersachsen und solchen aus anderen Bundesländern vor, heißt es im Beschluss weiter. Wesentliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten, bestünden nicht, zumal § 8 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Corona-VO Übernachtungen von Personen aus niedersächsischen Gebieten mit hoher Inzidenz und weite Anreisen innerhalb Niedersachsens ermögliche, die mit Blick auf das Infektionsrisiko gefährlicher sein können als verbotene Übernachtungen von Personen zum Beispiel aus Hamburg (Sieben-Tages-Inzidenz: 42) oder Schleswig-Holstein (Sieben-Tages-Inzidenz: 33).

Redaktion beck-aktuell, 19. Mai 2021.