Bau­märk­te und Be­klei­dungs­ge­schäf­te in Nie­der­sach­sen wei­ter­hin ge­schlos­sen

Die Eil­an­trä­ge einer Bau­markt- sowie einer Be­klei­dungs­ket­te auf Au­ßer­voll­zug­set­zung der pan­de­mie­be­ding­ten Ge­schäfts­schlie­ßun­gen in Nie­der­sach­sen sind ge­schei­tert. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Lü­ne­burg hat mit meh­re­ren Be­schlüs­sen die Co­ro­na-Maß­nah­men be­stä­tigt. Dem Ge­sund­heits­in­ter­es­se sei der­zeit noch Vor­rang ein­zu­räu­men. Glei­ches gelte mit Blick auf das Nie­der­säch­si­sche Be­her­ber­gungs­ver­bot.

Bau­markt und Be­klei­dungs­ket­te kla­gen gegen an­hal­ten­de Ge­schäfts­schlie­ßun­gen

Die An­trag­stel­le­rin in dem Ver­fah­ren 13 MN 70/21 ist Teil einer Bau­markt­ket­te, die in Nie­der­sach­sen acht Bau­märk­te be­treibt. Die An­trag­stel­le­rin in dem Ver­fah­ren 13 MN 103/21 führt bun­des­weit Be­klei­dungs­ge­schäf­te, fünf davon in Nie­der­sach­sen. Die An­trag­stel­ler hat­ten gel­tend ge­macht, dass die grund­sätz­li­chen Schlie­ßun­gen auch unter Be­rück­sich­ti­gung der mitt­ler­wei­le er­öff­ne­ten Aus­nah­men, etwa des Ter­min-Shop­ping und des Außer-Haus-Ver­kaufs, un­ver­hält­nis­mä­ßig seien und sie in ihren Rech­ten ver­letz­ten. An­ge­sichts der zur Ver­fü­gung ste­hen­den Ver­kaufs­flä­chen sei das In­fek­ti­ons­ri­si­ko ge­ring und könne durch ge­eig­ne­te Hy­gie­ne­kon­zep­te wei­ter re­du­ziert wer­den. Zudem hätte der Ver­ord­nungs­ge­ber eine re­gio­nal ab­ge­stuf­te Öff­nung von Be­trie­ben in den Re­gio­nen, in denen das In­fek­ti­ons­ge­sche­hen nach­weis­lich nied­ri­ger sei, vor­se­hen kön­nen. Die grund­sätz­li­che Schlie­ßung mit we­ni­gen Aus­nah­men stel­le au­ßer­dem eine Be­nach­tei­li­gung ge­gen­über an­de­ren Ver­kaufs­stel­len des Ein­zel­han­dels dar, die ohne Be­schrän­kun­gen ver­kau­fen dürf­ten.

OVG: Lan­des­wei­te Schlie­ßun­gen nicht zu be­an­stan­den

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die An­trä­ge im Rah­men einer Fol­gen­ab­wä­gung ab­ge­lehnt. Es sei der­zeit offen, ob § 10 Abs. 1b Satz 1 Co­ro­na-VO in einem Haupt­sa­che­ver­fah­ren für un­wirk­sam zu er­klä­ren sei. Die Vor­aus­set­zun­gen für den Er­lass in­fek­ti­ons­schutz­recht­li­cher Schutz­maß­nah­men unter Be­rück­sich­ti­gung des ak­tu­el­len In­fek­ti­ons­ge­sche­hens seien wei­ter­hin er­füllt. Die streit­ge­gen­ständ­li­chen Schlie­ßun­gen seien auch nicht un­mit­tel­bar mit der so­ge­nann­ten 7-Tages-In­zi­denz ver­knüpft, son­dern unter Be­rück­sich­ti­gung aller wei­te­ren für das In­fek­ti­ons­ge­sche­hen re­le­van­ten Um­stän­de an­ge­ord­net wor­den. Die vom Ver­ord­nungs­ge­ber ge­trof­fe­ne Be­wer­tung recht­fer­ti­ge es auch wei­ter­hin, in­fek­ti­ons­schüt­zen­de Maß­nah­men grund­sätz­lich lan­des­weit ein­heit­lich zu er­grei­fen, ins­be­son­de­re um einen “Ein­kaufs­tou­ris­mus“ zwi­schen Ge­bie­ten ver­schie­de­ner In­zi­den­zen zu ver­mei­den.

Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Schlie­ßun­gen nicht un­pro­ble­ma­tisch

Lan­des­weit stei­ge die 7-Tages-In­zi­denz wei­ter kri­tisch an. Das In­fek­ti­ons­ge­sche­hen stel­le sich lan­des­weit dif­fus dar und lasse sich über­wie­gend kei­nen be­stimm­ten Er­eig­nis­sen oder Ört­lich­kei­ten zu­ord­nen, die aus­schlie­ß­li­cher oder vor­ran­gi­ger Ge­gen­stand ver­ord­ne­ter Schutz­maß­nah­men sein könn­ten. Es sei aber zwei­fel­haft, ob die streit­ge­gen­ständ­li­chen Schlie­ßun­gen noch er­for­der­lich und an­ge­mes­sen seien. Zwar sei die grund­sätz­li­che Schlie­ßung in ihrer Ein­griffs­in­ten­si­tät durch die mit Wir­kung vom 08.03.2021 ein­ge­führ­ten Aus­nah­men be­tref­fend den Ver­kauf nach Ter­min­ver­ein­ba­rung bei ge­rin­gen An­for­de­run­gen an die vor­he­ri­ge Ter­min­ver­ein­ba­rung, den Ver­kauf im Fern­ab­satz zur Ab­ho­lung und die An­pro­be- und Be­mus­te­rungs­ter­mi­ne er­heb­lich ge­mil­dert wor­den. Gleich­wohl ver­blei­be eine Be­triebs­be­schrän­kung, die von nicht un­er­heb­li­chem Ge­wicht ge­ra­de im Hin­blick auf Er­schwe­run­gen des Zu­gangs für Lauf­kund­schaft sei.

Keine will­kür­li­che Un­gleich­be­hand­lung

Auch wenn dazu im Eil­ver­fah­ren keine ab­schlie­ßen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen wer­den könn­ten, sei nicht aus­ge­schlos­sen, dass in­so­weit mil­de­re, aber hin­rei­chend ef­fek­ti­ve an­de­re Mit­tel zur Ver­fü­gung stün­den. Dafür kämen etwa ver­bes­ser­te Hy­gie­ne­kon­zep­te, eine bes­se­re Er­for­schung von In­fek­ti­ons­um­fel­dern, die Ef­fek­ti­vie­rung der Kon­takt­nach­ver­fol­gung, die Er­ar­bei­tung und prak­ti­sche Um­set­zung einer lan­des­wei­ten Test­stra­te­gie sowie die Op­ti­mie­rung der Impf­kam­pa­gne in Be­tracht. Eine will­kür­li­che Un­gleich­be­hand­lung sei al­ler­dings nicht fest­zu­stel­len. Die vom Ver­ord­nungs­ge­ber vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen den Be­triebs­ver­bo­ten und -be­schrän­kun­gen in den Be­rei­chen Frei­zeit, Sport, Un­ter­hal­tung und kör­per­na­her Dienst­leis­tun­gen und in grund­sätz­lich allen Ver­kaufs­stel­len des Ein­zel­han­dels ei­ner­seits und an­de­rer­seits den hier­von aus­ge­nom­me­nen Ver­kaufs­stel­len für die Ver­sor­gung der Be­völ­ke­rung mit Le­bens­mit­teln und mit Gü­tern oder Dienst­leis­tun­gen des täg­li­chen Be­darfs er­schei­ne unter Be­rück­sich­ti­gung des in­fek­ti­ons­schutz­recht­li­chen Ge­fah­ren­gra­des der be­trof­fe­nen Tä­tig­kei­ten und aller sons­ti­gen re­le­van­ten Be­lan­ge nicht will­kür­lich.

Ge­sund­heits­in­ter­es­se immer noch vor­ran­gig

Zudem müsse es mög­lich sein, die Öff­nun­gen unter Be­ach­tung der In­fek­ti­ons­la­ge Schritt für Schritt sowie er­for­der­li­chen­falls ver­suchs­wei­se und damit na­he­zu zwangs­läu­fig un­gleich vor­zu­neh­men. Eine re­le­van­te Un­gleich­be­hand­lung im Hin­blick auf die Ver­kaufs­flä­chen­be­gren­zung sei eben­falls nicht ge­ge­ben. Im Rah­men der wegen der of­fe­nen Er­folgs­aus­sich­ten vor­zu­neh­men­den Fol­gen­ab­wä­gung über­wie­ge der­zeit aber noch das In­ter­es­se an der Ver­mei­dung von In­fek­ti­ons-, Er­kran­kungs- und To­des­fäl­len. Ohne die Be­triebs­schlie­ßun­gen könn­te sich die Ge­fahr der An­ste­ckung mit dem Virus, der Er­kran­kung zahl­rei­cher wei­te­rer Per­so­nen, der Über­las­tung der ge­sund­heit­li­chen Ein­rich­tun­gen bei der Be­hand­lung schwer­wie­gen­der Fälle und schlimms­ten­falls des Todes von Men­schen noch wei­ter er­hö­hen.

Tou­ris­ti­sches Be­her­ber­gungs­ver­bot eben­falls be­stä­tigt

Mit Be­schluss vom 10.03.2021 hat der Senat zudem einen An­trag auf vor­läu­fi­ge Au­ßer­voll­zug­set­zung von § 10 Abs. 2 Satz 1 Co­ro­na-VO ab­ge­lehnt, so­weit damit dem ge­werb­li­chen oder pri­va­ten Ver­mie­ter einer Fe­ri­en­woh­nung oder eines Fe­ri­en­hau­ses Über­nach­tungs­an­ge­bo­te und das Ge­stat­ten von Über­nach­tun­gen zu tou­ris­ti­schen Zwe­cken un­ter­sagt sind (Az.: 13 MN 115/21). Zur Be­grün­dung hat der Senat auf sei­nen Be­schluss vom 11. No­vem­ber 2020 (Az.:13 MN 436/20, ver­wie­sen, an dem er auch unter Be­rück­sich­ti­gung des ak­tu­el­len In­fek­ti­ons­ge­sche­hens in Nie­der­sach­sen fest­hal­te.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.03.2021 - 15.03.2021 13 MN 70/2; 13 MN 103/21;13 MN 115/21;13 MN 436/20

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2021.

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