Zu nah an Mus­ter­lö­sung? Prü­fungs­amt und Re­fe­ren­da­rin strei­ten um Ex­amen
© contrastwerkstatt / Adobe Stock

Eine Re­fe­ren­da­rin war im Zwei­ten Staats­ex­amen an vie­len Stel­len nah an der Mus­ter­lö­sung. Zu nah, mein­te das Prü­fungs­amt und wit­ter­te Be­trug. Das OVG Lü­ne­burg sah das an­ders: Von guten Kan­di­da­ten sei ge­ra­de zu er­war­ten, dass sie den Ide­al­lö­sun­gen na­he­kom­men.

Eine Re­fe­ren­da­rin ab­sol­vier­te 2013 zu­nächst er­folg­reich ihr Zwei­tes Ju­ris­ti­sches Staats­ex­amen. Doch 2015 er­klär­te das Lan­des­jus­tiz­prü­fungs­amt in Celle per Be­scheid ihre Staats­prü­fung für nicht be­stan­den. Der Grund: Sie soll Mus­ter­lö­sun­gen für ihre Ex­amens­klau­su­ren bei einem als Re­pe­ti­tor tä­ti­gen Rechts­an­walt ge­kauft haben, der diese sei­ner­seits von einem ehe­ma­li­gen nie­der­säch­si­schen Rich­ter er­hal­ten haben soll. Letz­te­rer war zwi­schen 2011 und 2014 an das Lan­des­jus­tiz­prü­fungs­amt ab­ge­ord­net und dort als Ab­tei­lungs­lei­ter tätig.

Wäh­rend das VG Lü­ne­burg die Ab­erken­nung be­stä­tigt hatte (Ur­teil vom 08.12.2016 - 6 A 173/15), hatte die Frau vor dem OVG nun Er­folg. Eine Täu­schung der Klä­ge­rin sei nicht nach­weis­bar, so der 2. Senat (Ur­teil vom 30.04.2024 - 2 LB 69/18). Zwar stimm­ten Teile der Klau­su­ren der Frau mit den amt­li­chen Prüf­ver­mer­ken über­ein. Dies ge­nü­ge für sich ge­nom­men je­doch nicht, um ihr eine Kennt­nis der Lö­sungs­skiz­ze un­ter­stel­len zu kön­nen. Viel­mehr sei bei guten Ex­amens­kan­di­da­ten ge­ra­de zu er­war­ten, dass ihre Aus­füh­run­gen den Lö­sungs­ver­mer­ken na­he­kom­men. Auch seien die Über­ein­stim­mun­gen nicht sehr um­fang­reich ge­we­sen, so das Be­ru­fungs­ge­richt wei­ter.

Der als Zeuge ver­nom­me­ne Rechts­an­walt habe zudem aus­ge­sagt, keine Lö­sun­gen an die Frau wei­ter­ge­ge­ben zu haben und die Klä­ge­rin selbst habe er­klärt, keine Mus­ter­lö­sun­gen für die Klau­su­ren er­hal­ten zu haben. In­so­weit lasse sich nicht nach­wei­sen, dass ihr die amt­li­chen Lö­sun­gen be­kannt waren. Die Re­vi­si­on wurde nicht zu­ge­las­sen.

OVG Lüneburg, Urteil vom 30.04.2024 - 2 LB 69/18

Redaktion beck-aktuell, gk, 2. Mai 2024.

Mehr zum Thema