Der niedersächsische Landesbetrieb für Mess- und Eichwesen war nicht erfreut über die Idee eines dortigen Lebensmittelmarktes. Ein Software-Update hatte den fünf Waagen-Kassen-Systemen (WKS) des Ladens die Möglichkeit verschafft, rein elektronische Bons für ihre Preisrechnungen herauszugeben. Kundinnen und Kunden konnten wählen, ob die Waage einen Papier-Bon ausdrucken soll, oder ob sie lieber einen QR-Code auf dem Display scannen möchten, der zu einem (inhaltsgleichen) digitalen Bon führte.
Die Behörde sah darin einen Rechtsverstoß. WKS müssten zwingend physische Bons ausgeben, hieß es in dem Bescheid, der eine Beseitigung des Mangels forderte. Andernfalls erlösche die aktuelle Eichung und die Waage würde auch zukünftig nicht mehr geeicht werden. Die dagegen gerichtete Klage scheiterte zunächst vor dem VG, das anhand der einschlägigen Vorschriften ebenso von einem zwingenden Papier-Bon ausging. Die Berufung vor das OVG Lüneburg warf bei dessen 7. Senat jedoch Fragen auf, die nun vom EuGH vorab entschieden werden sollen (Beschluss vom 01.07.2025 – 7 LB 70/24).
Ein Problem des Europarechts
Der Senat warf in seinem Vorlagebeschluss eine Kette an Vorschriften auf, die schließlich bei einer EU-Richtlinie endete. Die aufgrund des Mess- und Eichgesetzes erlassene Mess- und Eichverordnung (MessEV) verweist in § 8 Abs. 1 auf die EU-Messgerätrichtlinie (RL 2014/32/EU). Der Anhang I der Richtlinie stellt detailliertere Anforderungen an eine Reihe von Messgeräten, darunter auch WKS. An mehreren Stellen ist darin von "ausgedruckten" Ergebnissen die Rede, die die Waage deutlich, leserlich, unverwischbar und dauerhaft bereitstellen muss. Das Wägen ist laut der Vorschrift bei WKS überhaupt nur dann zulässig, wenn sämtliche Vorgänge deutlich, unmissverständlich und übersichtlich auf einem Bon oder Etikett für den Kunden "ausgedruckt" werden.
Im Gegensatz zur Vorinstanz hält der Senat es nicht für offensichtlich, dass E-Bons von vornherein durch diese Vorschriften ausgeschlossen werden. Er verwies unter anderem auf die inzwischen ins EU-Recht aufgenommene Norm DIN EN 45501:2015, die weitere Zweifel aufwerfe. Einerseits benenne sie Drucker lediglich als Beispiel für "ausschließlich digitale Ausgaben oder Anzeigen bietende elektronische Geräte". Andererseits lege sie sprachlich insgesamt eher einen verpflichtenden physischen Bon nahe, deutlich verstärkt durch die Angabe von Mindestgrößen gedruckter Ziffern.
Die Frage müsse auch vor dem Hintergrund der einschlägigen Regelungszwecke ausgelegt werden. Jene lägen darin, den Wäge- und Abrechnungsvorgang für Kundinnen und Kunden transparent und nachvollziehbar zu gestalten, erklärt das OVG. Ihnen solle damit auch über längere Zeit eine Kontroll- und Nachweismöglichkeit eröffnet werden. Ein E-Bon stelle diesen Zweck jedenfalls dann nicht infrage, wenn sich Kunden optional für diesen entscheiden können. Ein zu enges Verständnis des Wortlauts könnte der offenbaren "Technologieoffenheit" der DIN EN 45501:2015 letzten Endes unzulässigerweise entgegenstehen.