OVG bestätigt Verbot von "Montagsspaziergängen" in Südpfalz

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz bestätigte das für den Landkreis Südliche Weinstraße verfügte Verbot von "Montagsspaziergängen" am 03.01.2022 in einem Eilverfahren und wies eine Beschwerde zurück. Die für die Beurteilung des Verbots maßgebliche Frage, ob dem Infektionsschutzgesetz hier eine Sperrwirkung gegenüber dem Versammlungsgesetz zukomme, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus.

Landkreis stützte Verbot auf Versammlungsgesetz

Der Landkreis Südliche Weinstraße erließ am 27.12.2021 eine auf das Versammlungsgesetz gestützte Allgemein­verfügung, in der die "Montagsspaziergänge" sowie thematisch vergleichbare Ersatzversammlungen am 03.01.2022 ganztägig wegen einer davon ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten wurden. Es handele sich um gegen die Corona-Schutzmaßnahmen gerichtete Versammlungen, die nicht entsprechend dem Versammlungsgesetz angemel­det worden seien und von denen Infektionsgefahren ausgingen, die nicht gering oder vernachlässigbar seien. Bei vergleichbaren "Spaziergängen", die akkurat geplant und nur scheinbar spontan seien, hätten sowohl im Landkreis Südliche Weinstraße als auch bundesweit zahlreiche Teilnehmer keine Mund-Nasen-Bedeckung getragen. Mildere Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Ein Bewohner des Landkreises stellte beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag, nach dessen Ablehnung legte er Beschwerde ein.

OVG: Mögliche Sperrwirkung des IfSG im Hauptsacheverfahren zu klären

Das OVG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Es lasse sich in der Kürze nicht feststellen, ob das auf das Versammlungs­gesetz gestützte, maßgeb­lich mit Infektionsgefahren begründete Verbot offensichtlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Hierzu müsse geklärt werden, ob das Infektionsschutzgesetz hier eine Sperrwirkung entfalte. Denn nach dem Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite schließe § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG ausdrücklich die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen als mög­liche Schutzmaßnahme aus. Es spreche einiges dafür, darin eine infektionsschutzrecht­liche Spezialregelung zu sehen, die eine Sperrwirkung gegenüber dem Versammlungs­gesetz insoweit entfalte, als sie einen Rückgriff auf diese allgemeine versammlungs­rechtliche Befugnis zum Erlass eines Versammlungsverbots bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch die Verbreitung von COVID-19 jedenfalls grundsätzlich aus­schließe. Wenn eine solche grundsätzliche Sperrwirkung zu bejahen sein sollte, würde sich laut OVG die weitere Frage stellen, wie weit diese grundsätzliche Sperrwirkung reiche und ob nicht Ausnahmen von einem solchen Grundsatz zuzulassen seien. Eine Klärung dieser schwierigen Rechtsfragen müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus

Im Hauptsacheverfahren werde voraussichtlich überdies der Frage nachzugehen sein, welche Bedeutung dem von der Kreisverwaltung zur Begründung der Verbotsverfügung ferner angeführten Umstand zukomme, dass die sogenannten "Montagsspaziergänge" nicht entsprechend dem Versammlungsgesetz ordnungsgemäß angemeldet würden, aber akkurat geplant und nur vermeintlich spontan seien. Seien die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren demnach als offen zu betrachten, so falle die gebotene Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus, nachdem die Kreisverwaltung erklärt habe, dass eine Verlängerung des Versammlungsverbots über den 03.01.2022 hinaus nicht geplant sei.

OVG Koblenz, Beschluss vom 03.01.2022 - 7 B 10005/22.OVG

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2022.