Somalierin darf nach Italien abgeschoben werden

Alleinstehende Erwachsene ohne individuelle Risikofaktoren, die in Italien als Schutzberechtigte anerkannt wurden, dürfen wieder dorthin abgeschoben werden. Bei einer Rückkehr drohe keine mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union unvereinbare Aufnahmesituation, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Klage gegen Rückführung einer Somalierin nach Italien

Klägerin ist eine junge Frau somalischer Staatsangehörigkeit, die Ende 2017 über Italien nach Deutschland einreiste und hier einen Asylantrag stellte. Nach erfolglosem Abschluss des Verfahrens wurde die Klägerin nach Italien überstellt, reiste aber nur wenige Wochen später erneut nach Deutschland ein und stellte einen weiteren Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte ihren Antrag als unzulässig ab und drohte - als bekannt wurde, dass der Klägerin bereits in Italien der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist - die Abschiebung nach Italien an. Nachdem das Verwaltungsgericht die Klage abwies, legte die Frau Berufung ein und berief sich auf “die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung“ in Italien.

OVG bestätigt Vorinstanz: Abschiebung ist rechtens

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Ein Asylantrag sei unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union – wie hier Italien – dem Ausländer bereits internationalen Schutz gewährt habe. Die Unzulässigkeitsentscheidung stehe auch im Einklang mit höherrangigem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 4 GRC, wonach niemand einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden dürfe. Die Klägerin sei als in Italien anerkannt subsidiäre Schutzberechtigte bei Zugrundelegung der von der Rechtsprechung geforderten besonders hohen Schwelle der Erheblichkeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer solchen Behandlung ausgesetzt.

Obdachlosigkeit kein besonderer Schutzgrund

Anerkannt Schutzberechtigten drohe bei einer Rückkehr nach Italien zwar die Obdachlosigkeit. Obdachlosigkeit im Sinne einer dauerhaften Wohnungslosigkeit sei nach den insoweit geltenden strengen Maßstäben des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht hinlänglich für die Annahme einer chartawidrigen Aufnahmesituation. In Italien erhielten anerkannt Schutzberechtigte - jedenfalls soweit alleinstehende Erwachsene ohne individuelle besondere Risikofaktoren betroffen seien - eine hinreichende Unterstützung zur Befriedigung ihrer elementarsten Grundbedürfnisse.

OLG Koblenz, Urteil vom 27.03.2023 - 13 A 10948/22

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2023.