OVG Koblenz: Schulaufsicht darf Beurteilung eines Lehrers nicht aufgrund nach Beurteilungszeitraum durchgeführten Unterrichtsbesuchs aufheben

Die dienstliche Beurteilung eines rheinland-pfälzischen Studienrats, die aus Anlass seiner Bewerbung um eine Beförderungsstelle von seinem Schulleiter erstellt worden war, durfte von der Schulaufsicht nicht allein auf der Grundlage eines erst nach Ablauf des Beurteilungszeitraums durchgeführten Unterrichtsbesuchs aufgehoben werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Urteil vom 28.11.2017 entschieden (Az.: 2 A 10761/17.OVG).

Lehrkraft-Bewertungen in Rheinland-Pfalz sehr unterschiedlich

In dem Berufungsverfahren ging es laut OVG nicht allein um die konkrete Beurteilung des Lehrers. Auf dem Prüfstand habe vielmehr auch ganz allgemein das Beurteilungs- und Beförderungssystem für die Studienräte in Rheinland-Pfalz gestanden, bei dem es in den letzten Jahren offenbar in erheblichem Umfang zu unterschiedlichen Bewertungen der dienstlichen Leistungen der Lehrkräfte gekommen sei.

Schulaufsichtliche Überprüfung soll für Vereinheitlichung sorgen

Die Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) habe sich deshalb in der Vergangenheit wiederholt dazu aufgerufen gesehen, dienstliche Beurteilungen von Lehrern einer schulaufsichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Dies erfolge immer dann, wenn ein Lehrer die höchstmögliche Note erzielt und an einer Schule unterrichtet habe, an der zuvor überdurchschnittlich viele solcher Noten vergeben worden seien. Unmittelbare Folge dieser Häufung von Spitzennoten sei nämlich der auch der ADD nicht verborgen gebliebene Effekt gewesen, dass auf der Grundlage dieser Beurteilungen an der jeweiligen Schule im Vergleich zu anderen Schulen anschließend überdurchschnittlich viele Beförderungen erfolgt seien. Um hier gegenzusteuern, führe die ADD Überprüfungen dieser "Zeugnisse für Lehrer" durch.

Beurteilung aufgrund nachträglichen Unterrichtsbesuchs aufgehoben

Im vorliegenden Fall habe die ADD nach einem Unterrichtsbesuch durch zwei Schulaufsichtsbeamte im Juni 2015 die dienstliche Beurteilung des Klägers vom November 2014 aufgehoben. Die hiergegen erhobene Klage des Lehrers hatte in erster und zweiter Instanz Erfolg.

OVG: Nur innerhalb des Beurteilungszeitraums gezeigte Leistungen relevant

Zwar sei das beklagte Land als Dienstherr grundsätzlich berechtigt, die dienstlichen Beurteilungen seiner beamteten Lehrer auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und im Fall ihrer Rechtswidrigkeit aufzuheben, so das OVG. Dies gelte insbesondere dann, wenn wie im aktuellen Fall die Beurteilungen offensichtlich nicht nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben erstellt worden seien. Die Aufhebung der dienstlichen Beurteilung des Klägers habe aber nicht allein auf die Bewertung seines Unterrichts im Juni 2015 gestützt werden können, weil diese Erkenntnisse erst durch den von der Schulaufsicht nach Ablauf des Beurteilungszeitraums durchgeführten Unterrichtsbesuch gewonnen worden seien. Außerhalb des Beurteilungszeitraums gezeigte Leistungen müssten unberücksichtigt bleiben.

Verfahren zur Sicherung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe rechtens

Dagegen ist es nach Auffassung des OVG zulässig, zur Sicherung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe Verfahren einzuführen, die eingreifen, bevor die jeweiligen Beurteilungen erstellt werden. Hierfür wies das Gericht auf andere Verwaltungsbereiche hin, in denen etwa durch die Vorgabe begrenzender Richtwerte für "Spitzennoten" oder durch regelmäßige Beurteilerkonferenzen und die Möglichkeit der Mitwirkung der nächsthöheren Dienstvorgesetzten (sogenanntes Zweitbeurteiler) für die Anwendung gleichmäßiger Beurteilungsmaßstäbe gesorgt werde. Hier nehme das Beurteilungssystem für Studienräte in Rheinland-Pfalz, das auf all diese Sicherungssysteme für die Gewährleistung gerechter Beurteilungen für Lehrer verzichte, eine Sonderstellung ein.

OVG Koblenz, Urteil vom 28.11.2017 - 2 A 10761/17.OVG

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2017.

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