Landkreis muss Corona-Zahlen nach Ortsgemeinden aufschlüsseln

In Rheinland-Pfalz müssen die Behörden Auskünfte zu SARS-CoV2-Infektionszahlen an die Presse grundsätzlich auch dann erteilen, wenn diese heruntergebrochen auf die Ebene der Ortsgemeinden begehrt werden. Letztlich gebe es mit Blick auf entsprechende Informationen auch bei sehr kleinen Ortsgemeinden keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Personenidentifizierbarkeit, entschied das Oberverwaltungsgericht
Koblenz in einem Eilverfahren.

Zeitung begehrte nach einzelnen Ortsgemeinden aufgeschlüsselte Corona-Zahlen

Die Antragstellerin, die Herausgeberin der Pirmasenser Zeitung, begehrte von dem Landkreis Südwestpfalz Informationen sowohl über die seit Beginn der Pandemie insgesamt verzeichneten Infektionszahlen wie auch über die Anzahl der aktiven SARS-CoV2-Fälle, jeweils aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises. Nachdem ihr Eilantrag vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden war, legte sie Beschwerde ein.

OVG bejaht Auskunftsanspruch über Infektionszahlen

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr die vorinstanzliche Entscheidung aufgehoben und dem Eilantrag stattgegeben. Es spreche eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragstellerin ein Auskunftsrecht gemäß § 12a Abs. 1 LMG RPF zustehe. Durch die Übermittlung der angefragten Zahlen würden keine schutzwürdigen privaten Interessen verletzt. Insbesondere liege hierin kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung infizierter Personen.

"Ortsgemeinde" falsches Kriterium zur Ablehnung entsprechender Informationen

Ungeeignet sei bereits der auch vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz in einer erstinstanzlich vorgelegten Stellungnahme gewählte Anknüpfungspunkt der "Ortsgemeinde" als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung von Auskunftsbegehren. Ortsgemeinden wiesen bei der Einwohnerzahl große Unterschiede auf. Teilweise erreichten Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz die Größe von Verbandsgemeinden, für die Infektionszahlen zur Verfügung gestellt würden.

Keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Personenidentifizierbarkeit

Aber auch bei sehr kleinen Ortsgemeinden begründeten die abgefragten Informationen für sich genommen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Personenidentifizierbarkeit. Dass es in einer Ortsgemeinde (aktive) SARS-CoV2-Infektionen gebe, lasse ohne Zusatzwissen keinen Rückschluss auf die konkret betroffene(n) Person(en) zu.

Identifizierung Betroffener in kleinen Ortsgemeinden meist durch konkrete Maßnahmen

Bei lebensnaher Betrachtung müsse gerade in kleinen Ortsgemeinden vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine Identifizierbarkeit konkreter Personen allein anhand der vor Ort erfolgten und wahrnehmbaren Maßnahmen wie Quarantäneanordnungen oder Schul- und Kita-Schließungen erfolge. Einer amtlichen Mitteilung über die Zahl der aktiven oder zurückliegenden Corona-Fälle bedürfe es für diese Erkenntnis und die Herstellung eines Personenbezugs hingegen nicht.

OVG Koblenz, Beschluss vom 23.11.2020 - 2 B 11397/20

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2020.