Kleinwindenergieanlagen für Eigengebrauch sind im Außenbereich privilegiert

Kleinwindenergieanlagen sind ein im Außenbereich baurechtlich privilegiertes Vorhaben der "Nutzung der Windenergie". Das gilt laut OVG Koblenz auch dann, wenn der erzeugte Strom nur den privaten Verbrauch decken, also nicht ins Netz eingespeist werden soll. 

Vier Kleinwindenergieanlagen wollten die Eigentümer eines Grundstücks im Außenbereich auf ihrem Grund und Boden errichten. Doch der Landkreis wollte den begehrten Bauvorbescheid nicht erteilen. Die Anlagen seien keine im Außenbereich privilegierte Vorhaben. Dazu zählten nur solche Windenergieanlagen, die der öffentlichen Versorgung dienten.

Die Grundstückseigentümer ließen nicht locker und klagten auf Erteilung des Bauvorbescheids. Mit Erfolg: Bereits das VG Koblenz verpflichtete den Landkreis dazu, diesen zu erteilen. Das OVG bestätigte die Sichtweise der Vorinstanz (Urteil vom 04.04.2024 – 1 A 10247/23.OVG). Bei der Errichtung und dem Betrieb der vier Kleinwindenergieanlagen handele es sich um ein der Nutzung der Windenergie dienendes privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, das im Außenbereich zugelassen werden könne.

Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ließen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB herleiten, wonach das Vorhaben nicht nur der Nutzung der Windenergie, sondern – mittels Netzeinspeisung des erzeugten Stroms – auch der öffentlichen Energieversorgung dienen müsse. Gegen ein solches ungeschriebenes Erfordernis sprächen auch Sinn und Zweck der Norm, so das OVG. Diese diene einer umwelt- und ressourcenschonenden Energieversorgung mittels einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien. Dazu trügen Windenergieanlagen auch dann bei, wenn sie allein zur Deckung eines privaten Verbrauchs errichtet würden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus einem früheren OVG-Urteil aus dem Jahr 2018, an dem der dort erkennende Senat in Bezug auf den geforderten öffentlichen Versorgungszweck in einer neueren Entscheidung aus dem Jahr 2023 ersichtlich nicht mehr festhalte.

Nicht nachvollziehen konnte das OVG die Befürchtung des Landkreises, bei einer Privilegierung von allein der privaten Versorgung dienenden Kleinwindenergieanlagen drohe ein Wildwuchs derartiger Vorhaben zulasten der Landschaft. Denn die Errichtung einer Kleinwindenergieanlage im Außenbereich komme unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur dann in Betracht, wenn der erzeugte Strom entweder durch einen dort in der Nähe der Anlage vorhandenen Verbraucher abgenommen oder ins Stromnetz eingespeist werde. Dies sei jedoch regelmäßig nicht der Fall, so das OVG. Denn ein Endabnehmer vor Ort sei im Außenbereich nur in Ausnahmefällen vorhanden und der Bau einer Leitung allein zum Zweck der Einspeisung des mit der Kleinanlage erzeugten Stroms in ein öffentliches Netz scheide unter Rentabilitätsaspekten aus.

OVG Koblenz, Urteil vom 04.04.2024 - 1 A 10247/23.OVG

Redaktion beck-aktuell, gk, 17. April 2024.