Verbandsgemeinde fordert Tragung der Baukosten zu 40%
2017 beantragte die Verbandsgemeinde Nassau beim beklagten Rhein-Lahn-Kreis als Träger der Jugendhilfe die Gewährung einer Zuwendung für den Bau einer Kindertagesstätte. Der Beklagte bewilligte entsprechend den Vorgaben seiner Förderrichtlinien eine Zuwendung von 420.000 Euro. Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs erhob die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau als Rechtsnachfolgerin der Verbandsgemeinde Nassau Klage, mit der sie vom Beklagten eine weitere Förderung in Höhe von 876.831,20 Euro forderte. Sie machte geltend, die bewilligte Förderung belaufe sich nur auf einen Anteil von 11,61% der zuwendungsfähigen Gesamtkosten und werde der Verantwortung des Beklagten als örtlichem Träger der Jugendhilfe nicht gerecht. Angemessen erscheine vielmehr eine Förderung in Höhe von circa 40% der förderfähigen Gesamtkosten des Neubauvorhabens.
Auch Kosten eines Ersatzbaus beteiligungsfähig
Das Verwaltungsgericht Koblenz gab der Klage statt und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin eine weitere Förderung in der beantragten Höhe zu bewilligen. Das OVG wies die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten zurück. Nach dem hier anwendbaren rheinland-pfälzischen KitaG a.F. habe sich der Träger des Jugendamts entsprechend seiner Verantwortung für die Sicherstellung ausreichender und bedarfsgerechter Kindertagesstätten an den notwendigen Bau- und Ausstattungskosten einer Kindertagesstätte angemessen zu beteiligen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 KiTaG a.F.). Die Baukosten für den Neubau einer Kindertagesstätte seien entgegen der Auffassung des Beklagten auch dann beteiligungsfähige Kosten im Sinne dieses Zuwendungsanspruchs, wenn sie im Zusammenhang mit der Errichtung eines sogenannte Ersatzbaus stünden, bei dem – wie hier – bereits bestehende Bauten einer Kindertagesstätte (teilweise) ersetzt würden.
Früherer gesetzlicher Richtwert von 40% weiter maßgeblich
Die "Notwendigkeit" der Baukosten im Übrigen stehe nicht im Streit. Was als im Einzelfall "angemessen" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 KiTaG a. F. gelte, unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung. Das OVG folge der Auffassung des VG, dass sich eine "angemessene" Kostenbeteiligung des Jugendamtsträgers nach § 15 Abs. 2 Satz 2 KiTaG a. F. an dem in der Vergangenheit ausdrücklich gesetzlich fixierten Richtwert von 40% der Bau- und Ausstattungskosten eines Neu- beziehungsweise Umbaus einer Kindertagesstätte zu orientieren habe, der allerdings abweichend von der Vorinstanz nicht als Mindestbeteiligungsquote, sondern als in der Regel vom Träger des Jugendamts zu entrichtender Anteil festzusetzen sei. Mit einer Gesetzesänderung im Jahr 1981 sei zwar die bis dahin normierte Mindestbeteiligungsquote von 40% weggefallen. Jedoch ließen sich weder aus der Neufassung des Gesetzes noch den hierzu angeführten Erwägungen in der Gesetzesbegründung weiterführende Informationen zu stattdessen maßgeblichen Gesichtspunkten entnehmen.
Gemeinsame Aufgabe rechtfertigt nahezu paritätische Kostenlastverteilung
Maßstabsprägend sei, so das OVG weiter, dass die Verpflichtung des Trägers des Jugendamts zur angemessenen Kostenbeteiligung mit der ihm zugeschriebenen Verantwortung für die Sicherstellung ausreichender und bedarfsgerechter Kindertagesstätten korrelieren solle. Jugendamtsträger und Gemeinden seien letzten Endes gemeinsam dazu berufen, ausreichende Kapazitäten zur Erfüllung des in § 5 Abs. 1 KiTaG a.F. niedergelegten Anspruchs für Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr auf Erziehung, Bildung und Betreuung in einem in zumutbarer Entfernung gelegenen Kindergarten zu schaffen. Diese gemeinsame Aufgabe verbunden mit der zentralen Rolle des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als Bedarfsplanungsbehörde erweise sich als hinreichend tragfähige Grundlage zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit in Gestalt einer nahezu paritätischen Kostenlastverteilung. Es bedürfe vorliegend keiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Maße die Finanzlage der Gemeinde als Einrichtungsträger ein Abweichen von der Regelquote von 40% rechtfertigen könnte, da die Klägerin weder über eine über- noch unterdurchschnittliche Finanzkraft verfüge.