OVG Koblenz: Keine menschenrechtswidrige Behandlung dort anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien

Ein Asylbewerber, dem in Bulgarien internationaler Schutz gewährt wurde, hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland. Ihm droht nach der aktuellen Erkenntnisquellenlage in Bulgarien keine Situation extremer materieller Not, die mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Daher liegt auch kein Abschiebungsverbot in Bezug auf Bulgarien vor. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz entschieden (Beschluss vom 17.03.2020, Az.: 7 A 10903/18.OVG).

In Deutschland gestellter Asylantrag wegen Schutzgewährung in Bulgarien erfolglos

Der Kläger, der nach eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger und im Jahr 1996 geboren ist, stellte zunächst in Bulgarien einen Asylantrag. Nachdem er dort als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt worden war, kam er nach Deutschland und stellte dort einen weiteren Asylantrag. Zur Begründung gab er an, die wirtschaftliche Lage sei in Bulgarien sehr schlecht gewesen. Er denke nicht, dass er dort für seinen Lebensunterhalt sorgen könnte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag als unzulässig ab, weil ihm bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden sei, und drohte ihm die Abschiebung nach Bulgarien an. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen erhobene Klage ab. Das OVG bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung des Klägers zurück.

Schutzgewährung in anderem EU-Staat führt nur ausnahmsweise zu menschenunwürdigen Lebensverhältnissen

Nach der hier maßgeblichen Vorschrift des Asylgesetzes sei ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union – wie hier Bulgarien – dem Antragsteller bereits internationalen Schutz gewährt habe, erläutert das OVG seine Entscheidung. Diese Vorschrift komme jedoch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zur Anwendung, wenn die Lebensverhältnisse, die den Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat erwarteten, ihn der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention aussetzen würden. Solch eine ausnahmsweise aufgrund der voraussichtlichen Lebensumstände drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung liege nach der Rechtsprechung des EuGH nur vor, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, und sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre.

In Bulgarien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten

Nach Auswertung der aktuellen Gutachten, Auskünfte und Berichte sei dies in Bulgarien nicht der Fall, so das OVG weiter. Es könne nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass anerkannt Schutzberechtigte nicht die reale Möglichkeit hätten, sich durch Arbeit ein Existenzminimum zu sichern, und von Obdachlosigkeit bedroht seien. Ihnen werde auch eine den Anforderungen der Grundrechtecharta beziehungsweise EMRK genügende medizinische Versorgung gewährt. Sie hätten zudem Zugang zu den Hilfeleistungen kommunaler und karitativer Einrichtungen sowie der Nichtregierungsorganisationen, die ein funktionierendes Auffangnetz gegen Hunger und Entbehrung bildeten. Besondere Umstände des Einzelfalls, die befürchten ließen, dass gerade dem Kläger in Bulgarien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde, seien nicht ersichtlich.

OVG Koblenz, Beschluss vom 17.03.2020 - 7 A 10903/18.OVG

Redaktion beck-aktuell, 6. April 2020.