OVG Koblenz erlaubt Demonstration in Worms unter Auflagen

Eine für den 06.06.2020 von einem NPD-Mitglied angemeldete Versammlung in Worms darf unter Auflagen durchgeführt werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Beschluss vom 04.06.2020. Nach der gegenwärtig geltenden Achten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz könnten Versammlungen unter freiem Himmel unter Auflagen, insbesondere zum Abstandsgebot, zugelassen werden, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrecht­licher Sicht vertretbar sei. Dies sei hier der Fall.

Aktuelle Corona-Verordnung für Zulassung noch in 2019 angemeldeter Versammlung maßgeblich

Die Antragstellerin hatte noch im Jahr 2019 für den 06.06.2020 eine Versammlung mit dem Motto "Tag der deutschen Zukunft – unser Signal gegen Überfremdung" bei der Stadt Worms angemeldet. Als voraussichtliche Teilnehmerzahl wurden 150 bis 250 Personen angegeben. Nach Beginn der Corona-Krise und des damit einhergehenden Inkrafttretens infektionsschutzrechtlicher Corona-Bekämpfungsverordnungen des Landes Rheinland-Pfalz behandelte die Stadt Worms die Versammlungsanmeldung als Antrag auf Zulassung der Versammlung nach der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung.

Stadt per Eilentscheidungen zu Genehmigung unter Auflagen verpflichtet

Mit Bescheid vom 18.05.2020 lehnte sie den so verstandenen Zulassungsantrag ab. Die Versammlung sei aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht vertretbar. Auf den Eilantrag der Antragstellerin verpflichtete das Verwaltungsgericht Mainz die Stadt Worms, die Genehmigung für die Versammlung unter Auflagen zu erteilen, wobei die inhaltliche Ausgestaltung der Auflagen im Ermessen der Stadt bleibe. Die hiergegen von der Stadt eingelegte Beschwerde wies das OVG zurück.  

Stadt hat infektionsrechtliche Unvertretbarkeit der Versammlung nicht dargelegt

Nach der gegenwärtig geltenden Achten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz könnten Versammlungen unter freiem Himmel unter Auflagen, insbesondere zum Abstandsgebot, zugelassen werden, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sei. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Versammlungsfreiheit müsse diese Regelung so verstanden werden, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung unter Auflagen bestehe, sofern eine solche Erteilung aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sei. Das Gericht teile die Auffassung der Vorinstanz, dass die Ablehnung der Genehmigung durch die Antragsgegnerin als unverhältnismäßig anzusehen sei, weil sie nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Durchführung der von der Antragstellerin geplanten Versammlung unter Auflagen – insbesondere zur Teilnehmerzahl und zum Ort der Versammlung – infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar wäre.  

Kürzlich auch andere Versammlung mit bis zu 200 Teilnehmern zugelassen

Die Antragsgegnerin habe eine Versammlung, die sich gegen die Corona-Maßnahmen gerichtet habe, am 23.05.2020 mit bis zu 200 Teilnehmern genehmigt. Sie habe daher ersichtlich eine Versammlung im Stadtgebiet mit bis zu 200 Teilnehmern als infektionsschutzrechtlich vertretbar angesehen. Vor diesem Hintergrund habe sie auch im Beschwerdeverfahren keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dargelegt, weshalb die von der Antragstellerin geplante Versammlung bei einer Auflage zur Begrenzung der Teilnehmerzahl auf lediglich maximal 200 Personen aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht vertretbar sein sollte. Es sei nicht plausibel dargetan, dass sich die Antragstellerin an eine solche Auflage oder an sonstige infektionsschutzrechtliche Auflagen nicht halten würde. 

Gewaltgefahr durch Gegendemo kein infektionsschutzrechtliches Argument 

Wenn die Stadt geltend mache, dass zu den für den selben Tag angemeldeten Gegendemonstrationen mehr als 1.000 Personen aus dem "bürgerlichen bis linken Lager" anreisen würden, so falle dies nicht in den Risikobereich der Antragstellerin, sondern sei Sache des Veranstalters der Gegendemonstration. Der Gefahr einer gewaltsamen Begegnung der beiden Demonstrationen könne die Stadt durch räumliche Trennung oder durch Nichtzulassung der Gegendemo begegnen. Es sei weder von der Antragsgegnerin dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Zulassung der Versammlung der Antragstellerin unter Auflagen selbst bei Auflagen oder Nichtzulassung der Gegendemonstrationen infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar wäre.

OVG Koblenz, Beschluss vom 04.06.2020 - 7 B 10688/20.OVG

Redaktion beck-aktuell, 5. Juni 2020.