Access-Provider ist nicht zur Sperrung ausländischer Glücksspielseiten verpflichtet

Die Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder kann einen Access-Provider nicht zur Sperrung unerlaubter Glücksspielangebote im Internet verpflichten, wenn dieser als Zugangsvermittler kein "verantwortlicher Diensteanbieter" im Sinne des Telemediengesetzes ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz entschieden. Der Access-Provider habe die Übermittlung der Inhalte weder veranlasst noch habe er diese oder den Adressaten ausgewählt.

OVG: Access-Provider kein verantwortlicher Diensteanbieter nach dem TMG

Die Gemeinsamen Glücksspielbehörde ordnete gegenüber einer Anbieterin von Telekommunikations­diensten mit Sitz in Rheinland-Pfalz an, bestimmte Internetseiten mit Glücksspielangeboten von zwei Lotterieunternehmen mit Sitz auf Malta zu sperren. Den hiergegen gerichteten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das VG ab. Die Antragstellerin legte Beschwerde ein - mit Erfolg. Laut OVG ist die gegenüber der Antragstellerin getroffene Sperrungsanordnung offensichtlich rechtswidrig. Sie könne nicht auf die Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Glücksspielstaatsvertrages 2021 (GlüStV 2021) gestützt werden. Diese Norm erlaube Anordnungen gegenüber im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG verantwortliche Diensteanbieter, insbesondere Zugangsvermittler und Registrare. Dazu zähle die Antragstellerin aber nicht.

Für fremde Informationen nicht verantwortlich

Das Gericht teile nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, dass sich die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 aus dieser Norm selbst bestimme, ohne dabei auf eine Verantwortlichkeit nach dem Telemediengesetz abzustellen. Dafür spreche weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte oder der Sinn und Zweck der Regelung. Nach der für die Antragstellerin als Zugangsvermittler maßgeblichen Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG seien Diensteanbieter für fremde Informationen, zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermittelten, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten oder die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert hätten. Die Antragstellerin erfülle diese Haf­tungsausschlussvoraussetzungen.

Ausnahmen greifen nicht

Ein Ausschluss der Haftungsprivilegierung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 TMG wegen einer Zusammenarbeit, um rechtswidrige Handlungen zu begehen, scheide offenkundig aus. Schließlich könne die Sperrungsanordnung auch nicht auf die Auffangermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 gestützt werden, wonach die für alle Länder oder in dem jeweiligen Land zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen könne. Einer Anwendung dieser allgemeinen Auffangermächtigung stehe insoweit die spezialgesetzliche Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 entgegen.

OVG Koblenz, Beschluss vom 31.01.2023 - 6 B 11175/22

Redaktion beck-aktuell, 2. Februar 2023.