VG Hamburg kippt 800-Quadratmeter-Grenze für Öffnungen im Einzelhandel - Verfügung stoppt Öffnung

Ein Sportwarengeschäft in der Hamburger Innenstadt darf vorläufig weiter nur auf einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern betrieben werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg am 22.04.2020 in einem Eilverfahren per Zwischenverfügung entschieden (Az.: 5 Bs 64/20). Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Hamburg die 800-Quadratmeter-Grenze für Wiederöffnungen im Einzelhandel gekippt. Eine abschließende Entscheidung über die Beschwerde will das OVG kommende Woche treffen.

Einzelhändler begehrt Eilrechtsschutz gegen 800-Quadratmeter-Grenze

Die Hamburger Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der seit dem 20.04.2020 gültigen Fassung untersagt den Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels, deren Verkaufsfläche nicht auf 800 Quadratmeter begrenzt ist. Der Betreiber eines Sportwarengeschäfts in der Hamburger Innenstadt mit einer größeren Verkaufsfläche, die er nicht begrenzen will, hat Eilrechtsschutz gegen die Schließung seines Geschäfts begehrt.

VG: Größenbegrenzung hilft dem Infektionsschutz nicht

Das VG (Az.: 3 E 1675/20) gab dem Eilantrag statt. Die Untersagung des Betriebs von Verkaufsstellen des Einzelhandels, die 800 Quadratmeter Verkaufsfläche überschritten, verletze die Antragstellerin in ihrer Berufsfreiheit. Denn die in der Verordnung getroffene Unterscheidung zwischen Verkaufsstellen des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche bis 800 Quadratmeter, die öffnen dürften, und größeren Verkaufsstellen, die lediglich in einem bis zu dieser Größe reduzierten Umfang öffnen dürften, sei nicht geeignet, dem mit der Rechtsverordnung verfolgten Zweck des Infektionsschutzes zu dienen.

Schutzvorgaben in großen Geschäften sogar besser umsetzbar – Für Magnetwirkung fehlt gesicherte Tatsachenbasis

Die Vorgaben der Coronavirus-Eindämmungsverordnung, die einen Infektionsschutz nach Betriebsöffnung gewährleisten sollen, ließen sich in großflächigen Handelsgeschäften ebenso gut wie oder sogar besser als in kleineren Einrichtungen einhalten. Für die Annahme der Stadt, dass von großflächigen Einzelhandelsgeschäften eine hohe Anziehungskraft für potentielle Kunden mit der Folge ausgehe, dass allein deshalb zahlreiche Menschen die Straßen der Innenstadt und die Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs benutzen werden, liege keine gesicherte Tatsachenbasis vor. Die Anziehungskraft des Einzelhandels folge nicht aus der Großflächigkeit der Verkaufsfläche, sondern aus der Attraktivität des Warenangebots. Gegen den Eilbeschluss hat die Freie und Hansestadt Hamburg Beschwerde an das OVG erhoben.

OVG: 800-Quadratmeter-Grenze vorerst zu beachten – Gesundheitsschutz überwiegt in Folgenabwägung

Das OVG hat eine Zwischenverfügung erlassen, nach der die Betreiberin des Sportwarengeschäfts dieses vorläufig - zunächst befristet bis zum 30.04.2020 - nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern betreiben darf. Die Erfolgsaussichten der Beschwerde seien offen. Der Erlass einer Zwischenverfügung sei daher zur Vermeidung schwerer und unabwendbarer Nachteile geboten. Sollte die Zwischenverfügung nicht ergehen und sich aber später herausstellen, dass die Regelung zur Beschränkung der Verkaufsfläche nicht zu beanstanden sei, weil die Zulassung von Verkaufsflächen auch über 800 Quadratmeter zu einem erhöhten Infektionsrisiko führe, bestünde die konkrete Gefahr einer weiteren und nicht nachvollziehbaren Ausbreitung des Virus, die zum Erhalt von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und zum Schutz einer Überlastung medizinischer Behandlungskapazitäten vermieden werden solle.

VG Hamburg, Beschluss vom 22.04.2020 - 3 E 1675/20

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2020.