OVG Hamburg: Beschränkung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften auf 800 qm hat Bestand

Die Inhaberin eines Sportwarengeschäfts in der Hamburger Innenstadt ist in zweiter Instanz mit ihrem Eilantrag gegen die Beschränkung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften auf 800 qm gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat auf die Beschwerde der Freien und Hansestadt Hamburg die vorangegangene stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert und den Eilantrag abgelehnt (Az.: 5 Bs 64/20, unanfechtbar).

OVG entsprach bereits in Zwischenverfügung nicht dem Eilbegehren

Die Coronavirus-Eindämmungsverordnung untersagt den Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels, deren Verkaufsfläche nicht auf 800 Quadratmeter begrenzt ist. Der gegen diese Regelung gerichtete Eilantrag der Betreiberin eines Sportwarengeschäfts war vor dem VG Hamburg erfolgreich. Auf den Antrag der Stadt, dass es bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Beschwerde bei der Reglung der Rechtsverordnung bleibt und der Betrieb der Antragstellerin bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin nur auf einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmeter erfolgen darf, hat das OVG Hamburg zunächst eine Zwischenverfügung erlassen, wonach die Antragstellerin ihr Einzelhandelsgeschäft vorläufig nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern betreiben durfte.

OVG verweist auf weiten Beurteilungsspielraum der Hansestadt

Im Beschwerdeverfahren hat das OVG Hamburg nunmehr abschließend entschieden, dass sich die Beschränkung der Verkaufsfläche nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung als rechtmäßig erweist. Dem Verordnungsgeber – hier der Freien und Hansestadt Hamburg – komme bei der Beurteilung komplexer Gefahrenlagen, wie sie bei der aktuellen Corona-Pandemie gegeben sei, ein weiter Entscheidungsspielraum hinsichtlich der geeigneten, erforderlichen und gebotenen Maßnahmen zu. Dies gelte umso mehr für den derzeitigen Versuch, von der vorherigen, sehr strengen Regelung, die eine vollständige Schließung nahezu des gesamten Einzelhandels vorsah, zur unbeschränkten Öffnung des gesamten Einzelhandels zurückzukehren.

Nur beschränkte Öffnung des Einzelhandels nachvollziehbar

Die Einschätzung der Stadt, eine Beschränkung der Verkaufsflächen auf 800 Quadratmeter trage maßgeblich zu einem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sowie der Sicherung des Hamburgischen Gesundheitssystems bei, hält das OVG für nachvollziehbar und stichhaltig. Der Kontrollaufwand im Hinblick auf die geltenden Hygienevorschriften wäre bei vollständiger Freigabe der gesamten Verkaufsfläche der großflächigen Einzelhandelsgeschäfte deutlich erhöht. Die Stadt Hamburg dürfe auch davon ausgehen, dass von großflächigen Einzelhandelsgeschäften bei der hier zulässigen pauschalierenden und typisierenden Betrachtungsweise eine große Anziehungskraft auf die Bevölkerung ausgeht. Ein größeres Besucheraufkommen erhöhe das Infektionsrisiko und verstärke die Gefahr, dass Ansteckungswege im Nachhinein nicht mehr nachvollzogen werden können. Zudem würde eine vollständige Öffnung des Einzelhandels auch stärker suggerieren, die Corona-Krise sei nun überwunden.

Auch andere Bereiche müssen Einschränkungen hinnehmen

Es sei zudem zu berücksichtigen, dass die Regelung in einem Gesamtkonzept zur Bewältigung der Coronakrise steht, das nicht nur den Hamburger Einzelhandel, sondern auch andere Wirtschafts- und Lebensbereiche in Betracht zieht. Es erscheine nachvollziehbar, so das OVG, dass die Freie und Hansestadt Hamburg den Einzelhandel noch nicht vollständig geöffnet hat, zumal auch für andere grundrechtlich geschützte Bereiche – wie zum Beispiel die Ausübung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, die Gewährleistung der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, den Kulturbereich, den Schulbesuch sowie die Versammlungsfreiheit – erhebliche Beschränkungen bestehen. Eine zu weitgehende Öffnung des Einzelhandels könne zu einer deutlichen Zunahme des Infektionsrisikos und der Fallzahlen führen, die gegebenenfalls längere oder weitere Einschränkungen in den genannten Bereichen zur Folge hätte. Insoweit trage die aktuelle Regelung nach Einschätzung des OVG auch dazu bei, den gesellschaftlichen Frieden in Hamburg zu wahren. 

OVG Hamburg, Beschluss vom 30.04.2020 - 5 Bs 64/20

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2020.