OVG Hamburg: 16-jährige Schülerin darf weiterhin Niqab im Unterricht tragen

Die Mutter einer 16-jährigen Berufsschülerin muss nicht dafür sorgen, dass ihre Tochter im Unterricht ihr Gesicht zeigt. Bislang trägt die Tochter einen sogenannten Niqab, der das Gesicht vollständig verschleiert. Für eine entsprechende Anordnung der Schulbehörde gebe es keine Gesetzesgrundlage, so das Oberverwaltungsgericht Hamburg. Die Freie und Hansestadt Hamburg unterlag damit auch in zweiter Instanz gegenüber dem Eilantrag der Mutter (Beschluss vom 29.01.2020, Az.: 1 Bs 6/20, unanfechtbar).

Hamburgisches Schulgesetz beinhaltet keine gesetzliche Grundlage

Soweit sich die Schulbehörde auf eine Vorschrift im Schulgesetz berufe, wonach die Eltern für die Teilnahme ihres Kindes am Unterricht verantwortlich sind, könne nicht pauschal angenommen werden, dass eine Schülerin, die einen Niqab trägt, nicht am Unterricht teilnimmt, erläutert das OVG seine Entscheidung.

Glaubensfreiheit schützt Schülerin

Überdies stehe der erlassenen Anordnung entgegen, dass die Behörde nach gegenwärtiger Rechtslage auch von der Schülerin selbst nicht verlangen könne, während des Schulbesuchs auf eine Gesichtsverhüllung zu verzichten. Die Schülerin könne für sich die vorbehaltslos geschützte Glaubensfreiheit in Anspruch nehmen. Eingriffe in dieses Grundrecht bedürften einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Eine solche sehe das hamburgische Schulgesetz gegenwärtig nicht vor.

Hamburg will gesetzliche Grundlage schaffen

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte bereits nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts angekündigt, notfalls das Schulgesetz zu ändern, sollte sich die Rechtsauffassung seiner Behörde auch in zweiter Instanz nicht durchsetzen.

OVG Hamburg, Beschluss vom 29.01.2020 - 1 Bs 6/20

Redaktion beck-aktuell, 3. Februar 2020.