Rassistische Chats: OVG billigt im Disziplinarverfahren Durchsuchung bei Polizisten
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Ausländerfeindliche Memes und Hitler-Sprech – erneut sind WhatsApp-Chatverläufe eines Polizeibeamten aufgefallen, die ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen sollten. Die dazu angeordnete Wohnungsdurchsuchung war laut OVG Hamburg legal.

Will der Dienstherr mehrere Amtspflichtverstöße untersuchen, kann das Verwaltungsgericht auch dann eine Wohnungsdurchsuchung anordnen, wenn nur für einen der vorgeworfenen Verstöße ein dringender Tatverdacht besteht. Voraussetzung ist nur, dass die Maßnahme im Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme steht. Dies entschied das OVG Hamburg und bestätigte damit eine Wohnungsdurchsuchung bei einem Polizisten (Beschluss vom 27.05.2025 – 12 Bf 48/25.F).

Bei der Durchsuchung eines Polizeikollegen wegen Waffenrechtsverstößen war aufgefallen, dass dieser in einer WhatsApp-Gruppe mit drei anderen Polizisten aktiv gewesen war, in denen regelmäßig fremdenfeindliche, islamophobe und NS-verherrlichende Inhalte geteilt und geschrieben wurden. Das nahmen die Dienstvorgesetzten zum Anlass, gegen ein anderes Mitglied der Gruppe eine umfassende Durchsuchung der Wohn- und Diensträume sowie seiner privaten Kraftfahrzeuge zu beantragen, der das VG Hamburg auch stattgab. Zwei Tage nach der Durchsuchung erhob der betroffene Polizist Beschwerde und behauptete, der Durchsuchungsbeschluss sein in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen. Das OVG Hamburg erteilte ihm nun eine Absage und bestätigte die Durchsuchung.

Die "yalla mukke" der "Altdeutschen"

Das VG hatte in dem Durchsuchungsbeschluss auf mehrere Nachrichten des Beamten Bezug genommen, die bei der Durchsuchung seines Polizeikollegen zutage gefördert worden waren. Die sichergestellten Verläufe hätten nur noch niedrigaufgelöste Vorschaubilder (sog. Thumbnails) enthalten, sodass das Gericht einige der Inhalte folgern musste. 

So etwa eine Schlagzeile: "18-JÄHRIGE VERGEWALTIGT! DEUTSCHE AUF MALLORCA FESTGENOMMEN. Ihre altdeutschen Namen lauten Serhat K (23) Azad K, (22), Yakub (21) und Baran (19)". Ein ausländerfeindliches Meme zeigte linksseitig Rettiche – mit der Unterschrift "Rettich" - und rechtsseitig mehrere dunkelhäutige Personen – mit der Unterschrift "Rett ich nicht". Auf dem Thumbnail eines Videos sei ein Ventilator mit dem Kopf Adolf Hitlers zu sehen gewesen, der vermutlich einen Arm aus Papier zu einem Hitlergruß animiert hätte. In privaten Nachrichten mit einem Kollegen habe der Beamte geschrieben: "An der Bushaltestelle hab ich dann noch zwei zigeuner maß genommen weil die ihr yalla mukke aufm Handy aufgedreht hatten… konnt ich nicht leiden. Gab n Anpfiff (lachender Emoji)". Wiederum ein anderes Bild zeigte einen Mann mit Fernglas mit der Unterschrift: "Fakten 2019: Merkel hat mehr Afrikaner ins Land gelassen als Rommel je gesehen hat".

Für die Beurteilung des OVG war auch relevant, dass der Beamte scherzhaft NS-nahe Nachrichten eines wiederum anderen Kollegen ohne Distanzierung entgegengenommen hatte. Insbesondere Nachrichten mit scherzhaftem Hitlersprech ("onterrrr" statt "unter") oder einem Wortspiel mit der NS-Formel "Sieg Heil".

OVG zweifelt an Verfassungsfeindlichkeit

Das OVG führte aus, dass ein Beamter für eine Durchsuchung laut dem Hamburgischen Polizeigesetz dringend verdächtig sein müsse, wobei sie zu der „Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme“ im Verhältnis stehen müsse. Die aufgeführten Nachrichten hätten einen solchen dringenden Tatverdacht hier begründet, und zwar im Hinblick auf eine Verletzung der Wohlverhaltensflicht von Beamtinnen und -beamten (§ 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG). Die Vorschrift besagt, dass diese innerhalb und außerhalb des Dienstes „der Achtung und dem Vertrauen“ gerecht werden müssen, die ihr Beruf erfordern. Es liege auf der Hand, dass die Achtung und das Vertrauen in das Polizeiamt erforderten, rassistische, menschenverachtende und mit nationalsozialistischer Symbolik konnotierte Nachrichten zu unterlassen, und sich zusätzlich auch von entsprechenden Verhaltensweisen von Kolleginnen und Kollegen zu distanzieren, so das OVG. Würden solche Verhaltensweisen bekannt, könne das einen Achtungs- und Vertrauensverlust der Polizei insgesamt bewirken. 

Ob über diesen Verstoß hinaus – wie von den Vorgesetzten geltend gemacht – auch eine Verletzung der Verfassungstreuepflicht vorlag (§ 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG), ließ das Gericht offen. Für diesen Verstoß hätten die Nachrichten zweifelsohne auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung schließen lassen müssen, was hier angesichts des geringen Umfangs und des Kontexts womöglich verneint werden könne. Für diese Frage wäre zu erwägen gewesen, ob die Nachrichten nicht nur ein auf „kurzfristige Lacher angelegter Überbietungswettbewerb“ gewesen wären. Auf das Ergebnis hätte eine solche Feststellung jedoch ohnehin keinen Einfluss gehabt. Denn selbst wenn sich die Durchsuchung nur auf den ersten Vorwurf stütze, so das OVG, sei die Maßnahme im Übrigen verhältnismäßig und damit jedenfalls zulässig. So sei in diesem Fall kein milderes Mittel ersichtlich gewesen, um weitere Beweismittel aufzufinden, insbesondere hätte nicht erst eine Aussage des Beamten abgewartet werden müssen. Es sei zu befürchten gewesen, dass dieser die relevanten Beweismittel vorher vernichtet oder beiseitegeschafft hätte. 

Ein Durchsuchungsbeschluss sei zudem nur verhältnismäßig, wenn als Disziplinarmaßnahme eine Dienstenthebung, mindestens aber eine Rückstufung zu erwarten sei. Das Hamburgische Polizeirecht lasse eine Rückstufung hier allemal zu, da zumindest ein mittelschweres Dienstvergehen im Raum stehe, befand das Gericht. Durch seine Mitwirkung an menschenverachtenden, teilweise mit dem Nationalsozialismus konnotierten Chats im Kollegenkreis habe der Beamte das Ansehen der Hamburgischen Polizei erheblich beschädigt und damit das Vertrauen in die Rechtschaffenheit der Polizei erheblich beeinträchtigt.

OVG Hamburg, Beschluss vom 27.05.2025 - 12 Bf 48/25.F

Redaktion beck-aktuell, tbh, 4. Juli 2025.

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