Nächtliche Ausgangssperre in Mecklenburg-Vorpommern gekippt
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Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat die in der Corona-Verordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vorgesehene nächtliche Ausgangssperre heute vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die angegriffene Schutzmaßnahme sei voraussichtlich unverhältnismäßig. Mit der entsprechenden Regelung werde schwerwiegend in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen.

Antragsteller machte Verstoß gegen Infektionsschutzgesetz geltend

§ 13 Abs. 2 Corona Landesverordnung M-V untersagt das Verlassen der Unterkunft beziehungsweise des Grundstückes, auf dem sich die Unterkunft befindet, von 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens, sofern kein triftiger Grund vorliegt. Mit seinem vorläufigen Rechtsschutzantrag hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass er in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei. Die in § 13 Abs. 2 Corona LVO M-V geregelte Ausgangssperre sei unverhältnismäßig und verstoße gegen die höherrangige Norm des § 28a Abs. 2 Infektionsschutzgesetz.

Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen

Das Gericht hat in seiner Begründung ausgeführt, das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers sei nicht deshalb entfallen, weil das Infektionsschutzgesetz durch Einfügung eines § 28b IfSG geändert worden sei. Denn nach Abs. 5 dieser Vorschrift blieben weitergehende Schutzmaßnahmen auf Grundlage dieses Gesetzes unberührt, wozu auch solche gehörten, die in einer Landesverordnung geregelt worden seien.

Regelung voraussichtlich unverhältnismäßig

Insbesondere erweise sich die angegriffene Norm des § 13 Abs. 2 Corona LVO M-V beziehungsweise die darin geregelte Schutzmaßnahme einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung als voraussichtlich unverhältnismäßig, denn sie sei nicht erforderlich und nicht angemessen. Es liege ein schwerwiegender Eingriff in die durch das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit vor, der quantitativ betrachtet nicht nur wenige Einzelpersonen, sondern alle Bürgerinnen und Bürger im Land Mecklenburg-Vorpommern beziehungsweise zumindest im Landkreis Vorpommern-Greifswald betreffe.

Absicherung des Verbots von Zusammenkünften nicht erforderlich

Die Ausgangssperre gebe es nicht deshalb, weil sich Personen bei einem Aufenthalt im Freien mit dem Corona-Virus anstecken könnten. Vielmehr habe der Verordnungsgeber Ansteckungen bei Besuchen in anderen Haushalten, insbesondere bei nächtlichen Feiern mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus mehreren Haushalten verhindern wollen. Damit ziele er maßgeblich darauf ab, die bereits bestehenden Kontaktbeschränkungen abzusichern. Einer mittels Ausgangsbeschränkung zusätzlichen beziehungsweise nochmaligen gesetzlichen Untersagung von Zusammenkünften, die über die erlaubte Personenanzahl hinausgehen, bedürfe es aber nicht. Zwar erleichtere eine Ausgangsbeschränkung den staatlichen Stellen die Kontrolle und Durchsetzung der Kontaktbeschränkungen. Es sei jedoch nicht die Aufgabe des sich rechtskonform verhaltenden Bürgers, den staatlichen Stellen diese Aufgabenwahrnehmung zu erleichtern.

OVG Greifswald, Beschluss vom 23.04.2021 - 221/21 OVG

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2021.