OVG: Voraussetzungen für Hotspot-Feststellung lagen nicht vor
Nach § 28a Abs. 8 Satz 1 IfSG könnten in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft, in der durch eine epidemische Ausbreitung des Coronavirus die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage bestehe ("Hotspot"), weitergehende Schutzmaßnahmen getroffen werden, so das OVG. Dazu müsse das Parlament des betroffenen Landes das Vorliegen der konkreten Gefahr und die Anwendung konkreter Maßnahmen in dieser Gebietskörperschaft feststellen. Dem Parlament sei dabei ein weiter Einschätzungs- und Entscheidungsspielraum eingeräumt. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern habe zwar am 24.03.2022 einen entsprechenden Landtagsbeschluss für alle Landkreise/kreisfreien Städte gefasst. Laut OVG (Az.: 1 KM 221/22 OVG) dürften die Voraussetzungen für eine solche Feststellung für diese Gebietskörperschaften jedoch nicht vorgelegen haben.
Verweis auf Omikron-Variante BA.2 nicht ausreichend
Die nach dem Gesetz erforderliche Ausbreitung einer Virusvariante mit signifikant höherer Pathogenität könne nur angenommen werden, so das OVG, wenn das Auftreten einer "neuen" Virusvariante festgestellt werde. Der Verweis auf die Omikron-Variante BA.2 trage nicht. Es handele sich dabei um eine "alte" Variante, die bereits seit Jahresbeginn im Land Mecklenburg-Vorpommern anzutreffen gewesen sei.
Hohe Anzahl an Neuinfektionen für jeden Kreis gesondert festzustellen
Das Gesetz erlaube weitergehende Schutzmaßnahmen zwar davon unabhängig auch dann, wenn aufgrund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen oder eines besonders starken Anstiegs an Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Gebietskörperschaft drohe, so das OVG weiter. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen müsse jedoch differenziert für jeden betroffenen Landkreis beziehungsweise jede kreisfreie Stadt festgestellt werden. An derart differenzierten Sachverhaltsfeststellungen als Grundlage des Landtagsbeschlusses fehle es jedoch. Es sei nicht ausreichend, nur pauschal und "flächendeckend" die Lage im ganzen Land zu betrachten.
Nur Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg erklärten sich insgesamt zu Hotspots
Ohne den Landtagsbeschluss hätten auch in Mecklenburg-Vorpommern die meisten Schutzmaßnahmen entsprechend dem IfSG Anfang April geendet. Die AfD-Landtagsfraktion zog gegen die beschlossenen Hotspot-Regelungen, für die eine Geltung bis zum 27.04.2022 vorgesehen war, vor Gericht. Außer Mecklenburg-Vorpommern hatte sich nur Hamburg insgesamt zum Hotspot erklärt.
Bayern sieht sich bestätigt
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wertete das juristische Aus der Hotspot-Regelung in Mecklenburg-Vorpommern laut einem Sprecher als Schlappe für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Entscheidung des Gerichtes zeige, dass die Bundesregierung den Ländern ein untaugliches Werkzeug an die Hand gegeben habe. "Es war richtig, dass wir Bayern nicht insgesamt zum Hotspot erklärt haben." Die Hotspot-Regelung des Bundes sei handwerklich äußerst schlecht gemacht. "Die schwammigen und unnützen Formulierungen lassen sich eben nicht rechtssicher umsetzen."