Trotz kurzer Ehe: Witwenrente für Ehefrau eines Polizisten

Als ein Polizist an Lungenkrebs stirbt, ist er erst vier Monate verheiratet. Das Land Mecklenburg-Vorpommern muss seiner Frau nach Ansicht des OVG Greifswald trotzdem Witwenrente zahlen. Es lägen besondere Umstände vor, die gegen eine "Versorgungsehe" sprächen.

Nachdem ihr Ehemann – ein Polizeibeamter – nur vier Monate und 24 Tage nach der Eheschließung verstorben war, verlangte seine Frau die Zahlung von Hinterbliebenenbezügen in Form Witwengeld nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). Das Paar lebte seit Mitte der 90er Jahre zusammen und hat einen gemeinsamen (heute 27-jährigen) Sohn. Sieben Jahre vor dem Versterben hatte das Paar gemeinsam ein Haus gekauft, das es im Jahr danach bezog. Trotz Heiratsantrags bereits im vierten Beziehungsjahr erfolgte die Eheschließung aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände (unter anderem Erkrankungen, Todesfälle, berufliche Abwesenheit) erst 18 Jahre später – wenige Tage nach der Diagnose eines Lungenkarzinoms beim Mann.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern verweigerte die Leistung unter Berufung auf § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BeamtVG, wonach eine sogenannte Versorgungsehe vermutet wird, wenn die Ehe zum Todeszeitpunkt – wie hier – weniger als ein Jahr besteht. Das VG Greifswald hatte der Klage der Witwe bereits stattgegeben. Die Entscheidung bestätigte das OVG nun.

Langjährige Partnerschaft und Fehlen finanziellen Interesses entscheidend

Die Greifswalder Richterinnen und Richter schlossen hier aufgrund besonderer Umstände eine Versorgungsehe aus; die Frau habe daher einen Anspruch auf Witwengeld nach § 19 Abs. 1 S. 1 BeamtVG (Urteil vom 12.05.2025 – 2 LB 557/22 OVG). Maßgeblich sei eine Gesamtwürdigung der Eheschließungsmotive – und nicht allein die Ehedauer oder der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Hochzeit.

Das OVG stellte insbesondere auf die langjährige feste Partnerschaft mit gemeinsamem Haushalt und einem gemeinsamen Kind sowie die glaubhaft vorgetragenen Beweggründe der Partnerin für die Heirat ab. Das Gericht stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des BVerwG und betonte: Eine lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt der Heirat begründe zwar regelmäßig die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe – sie könne jedoch durch besondere Umstände, wie eine langjährige gefestigte Beziehung und das Fehlen eines finanziellen Interesses, entkräftet werden.

Nach Überzeugung des OVG spielte der Versorgungsgedanke bei dem Heiratsentschluss der Frau keine Rolle. Vielmehr hätten die Eheleute ihre langjährige Verbundenheit manifestieren und sich in der schweren Zeit der Erkrankung gegenseitig beistehen wollen. Die Heirat sei aus Liebe erfolgt, nicht aus Versorgungsabsicht. Besonders relevant: Die Witwe war finanziell abgesichert und erfuhr erst nach dem Tod ihres Mannes von der Möglichkeit des Witwengeldes.

OVG Greifswald, Urteil vom 12.05.2025 - 2 LB 557/22 OVG

Redaktion beck-aktuell, ns, 6. August 2025.

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