Das Bundeskanzleramt muss einem Journalisten Auskunft über Details im Zusammenhang mit der sogenannten Böhmermann-Affäre geben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 03.08.2017 in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt (Az.: 6 S 9.17). Mit Beschluss vom gleichen Tag verneinte das Gericht dagegen einen Anspruch auf Auskunft darüber, inwieweit Angela Merkel über die Strafanzeigen gegen Netzpolitik.org informiert war (Az.: 6 S 12.17).
Böhmermann: Keine überzeugenden Argumente gegen Auskunftspflicht
In dem Verfahren zum Az.: 6 S 9.17 ist die Beschwerde des Bundeskanzleramts gegen die Entscheidung des VG erfolglos geblieben. Das VG hatte das Bundeskanzleramt zu verschiedenen Auskünften in Zusammenhang mit dem von dem Moderator Jan Böhmermann unter dem Titel "Schmähkritik" vorgetragenen Gedicht auf den türkischen Staatspräsidenten verpflichtet. Hierzu hatte es ausgeführt, das Bundeskanzleramt habe keine überzeugenden Argumente gegen die grundsätzlich bestehende Auskunftspflicht vorgebracht. Nach Auffassung des OVG hat das Bundeskanzleramt im Beschwerdeverfahren diese Rechtsauffassung des VG nicht erschüttert.
Netzpolitik.org: Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht
In dem Verfahren zum Az.: 6 S 12.17 hat die Beschwerde des Bundeskanzleramts dagegen Erfolg gehabt. Das VG hatte das Bundeskanzleramt dazu verpflichtet, dem Pressevertreter Auskunft darüber zu geben, ob die Bundeskanzlerin Kenntnis von Strafanzeigen des Bundesamts für Verfassungsschutz wegen Geheimnisverrats nach Veröffentlichungen im Blog "netzpolitik.org" hatte. Nach Ansicht des OVG hat der Pressevertreter die erforderliche Eilbedürftigkeit seines Anliegens jedoch nicht glaubhaft gemacht, zumal ihm die Auskunft zuvor bereits informell erteilt worden war.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2017 - 6 S 9.17
Redaktion beck-aktuell, 4. August 2017.
Aus der Datenbank beck-online
VG Berlin, Vorwegnahme der Hauptsache, Bundesregierung, Streitwertfestsetzung, Staatsanwaltschaft, BeckRS 2017, 106350 (Vorinstanz zu Az.: 6 S 9.17)
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