OVG Berlin-Brandenburg: Bundeskanzleramt muss vorerst nicht über nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin informieren

Die Bundeskanzlerin ist vorläufig nicht verpflichtet ist, dem Betreiber einer Internetseite Auskunft zu bestimmten von ihr im Bundeskanzleramt durchgeführten Abendessen zu geben. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 08.09.2017, Az.: OVG 11 S 49.17). Der Antragsteller berichtet unter anderem in einem Blog zu den Themen Nebentätigkeiten von Abgeordneten, Parteispenden und Lobbyismus über die Ergebnisse seiner Recherchen.

VG Berlin hatte Auskunftsbegehren stattgegeben

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte das Bundeskanzleramt im Weg einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen, aus welchem gesellschaftlichen Anlass und an welchem Tag (Tag, Monat, Jahr) nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt seit November 2005 stattfanden, an denen auch Personen teilnahmen, die zum Zeitpunkt der Abendessen kein politisches Amt oder Mandat innehatten (BeckRS 2017, 115026).

OVG zweifelt an Bestehen des Auskunftsanspruchs

Der hiergegen eingereichten Beschwerde der Bundesrepublik hat das OVG stattgegeben und den Eilantrag auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung abgelehnt. Es bestünden bereits Zweifel an der Bestimmtheit der vom VG formulierten Auskunftsanordnung. Insbesondere bleibe unklar, was unter einem "gesellschaftlichen Anlass" zu verstehen sei. Jedenfalls komme der Erlass der einstweiligen Anordnung, mit der die Hauptsache vollständig und endgültig vorweggenommen werde, nicht in Betracht, weil nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass dem Antragsteller ein entsprechender Auskunftsanspruch zustehe.

Unmittelbare Geltung der Rundfunkfreiheit für Blogs offen

Im Hinblick auf die presserechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei zweifelhaft, ob der im – von den Bundesländern geschlossenen – Rundfunkstaatsvertrag verankerte Auskunftsanspruch einer Bundesbehörde entgegengehalten werden könne. Zwar würden in derartigen Konstellationen presserechtliche Auskunftsansprüche unmittelbar auf die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gestützt. Ob sich der Antragsteller, der als Betreiber einer Internetseite mit einem entsprechenden Weblog ein sogenanntes Telemedium betreibe, entsprechend unmittelbar auf die im selben Grundgesetzartikel verankerte Rundfunkfreiheit stützen könne, bedürfe aber einer näheren Prüfung im Hauptsacheverfahren.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.09.2017 - 11 S 49.17

Redaktion beck-aktuell, 11. September 2017.