Pop-up-Radwege in Berlin dürfen vorerst bleiben

Die temporären Radfahrstreifen (sogenannte Pop-up-Radwege) im Berliner Stadtgebiet müssen vorerst doch nicht entfernt werden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 06.10.2020 den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin bis zur Entscheidung über die Beschwerde des Landes Berlin vorläufig außer Vollzug gesetzt. Hintergrund sind nachgereichte Unterlagen (etwa Verkehrszählungen und Unfallstatistiken) zur Gefahrenprognose.

Antragsteller in erster Instanz erfolgreich

Dem Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der Radfahrstreifen war erstinstanzlich stattgegeben worden, weil die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen nicht hinreichend dargelegt hatte. Radwege dürften nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei.

OVG stoppt Vollziehung  

Die Senatsverwaltung hat im Beschwerdeverfahren erstmals die für die erforderliche Gefahrenprognose erforderlichen Tatsachen durch Nachreichung von Verkehrszählungen, Unfallstatistiken und ähnliches belegt. Daraufhin hat der Erste OVG-Senat die Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung vorläufig gestoppt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei unter Berücksichtigung dieser Unterlagen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft, so das OVG.

Abwägung zugunsten der Sicherheitsbelange

Jedenfalls würden die öffentlichen Belange die privaten Interessen des Antragstellers überwiegen. Die Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr erfolge angesichts der dargelegten konkreten Gefahrenlagen im öffentlichen Sicherheitsinteresse der Verkehrsteilnehmer. Der Antragsteller habe demgegenüber lediglich pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht in gewohnter Weise durch das Stadtgebiet bewegen zu können.

Keine gravierende Einschränkung für Antragsteller 

Selbst wenn die Beschwerde letztlich ohne Erfolg bleiben sollte, so das OVG, sei diese nicht näher belegte Einschränkung für den Antragsteller nicht schwerwiegend. Denn die Fahrtzeiten verlängerten sich nur minimal. Dies sei bis zur Entscheidung über die Beschwerde hinzunehmen, da es andernfalls innerhalb eines kurzen Zeitraums zu wechselnden Verkehrsregelungen kommen könnte, wodurch Verkehrsteilnehmer möglicherweise verunsichert würden.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.10.2020 - 1 S 116/20

Redaktion beck-aktuell, 7. Oktober 2020.