In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad spitzt sich die Lage für afghanische Geflüchtete zu. Während rund 2.000 Menschen im Rahmen des Aufnahmeprogramms auf eine Einreise nach Deutschland warten, sind die pakistanischen Behörden inzwischen zu Abschiebungen übergegangen. Presseberichten zufolge sollen 210 der 2000 Menschen aus dem Programm wieder in ihr Heimatland abgeschoben worden sein. Währenddessen kämpfen zahlreiche Familien vor deutschen Gerichten um die Einreise.
Die Familie eines afghanischen Richters hat diesen Kampf nun vorerst verloren. Aufgrund seiner Tätigkeit gilt er als besonders verfolgt und wartet daher als Teil der sogenannten "Überbrückungsliste" auf ein Ausnahmevisum. Er erhielt im Dezember 2022 eine E-Mail der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), einem Unternehmen, das auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit im Auftrag der Bundesregierung agiert. Daraus ging hervor, dass das Bundesinnenministerium im Rahmen der Überbrückungsliste – wie auch im Aufnahmeverfahren für Ortskräfte - die Bereitschaft zur Aufnahme erklärt habe.
Im Frühsommer 2025 lehnte das Auswärtige Amt den Visumsantrag dennoch ab, weil momentan sämtliche Aufnahmeverfahren ausgesetzt seien. Hiergegen wandte sich der Afghane im Eilverfahren zunächst an das VG Berlin. Er war der Auffassung, er habe wegen der erklärten Aufnahmebereitschaft einen festen Visumsanspruch. Das VG gab ihm dahingehend Recht, woraufhin das Auswärtige Amt Beschwerde zum OVG Berlin-Brandenburg erhob. Mit Erfolg (Beschluss vom 28.08.2025 – OVG 6 S 47/25).
Aufnahme(erklärung) ist kein Verwaltungsakt
Das Innenministerium habe die Aufnahme im Sinne des § 22 S. 2 AufenthG erklärt, so das OVG. Die Vorschrift besagt, eine Aufenthaltsgenehmigung "ist zu erteilen", wenn das Ministerium "zur Wahrung politischer Interessen" der BRD "die Aufnahme erklärt" hat. Zurecht habe das Auswärtige Amt in dieser Erklärung aber keinen verbindlichen Verwaltungsakt, sondern lediglich eine rein innerbehördliche Maßnahme gesehen.
Zur Begründung führte der Senat an, dass die Aufnahme von Geflüchteten ein Ausdruck autonomer Ausübung staatlicher Souveränität sei. Ein Ausländer beantrage nicht seine Aufnahme im verwaltungsrechtlichen Sinne, sondern das Aufnahmeverfahren verstehe sich als rein innerdienstlicher Vorgang ohne Außenwirkung. Entsprechend bestehe auch kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine Aufnahme – es liege im weiten politischen Ermessen der Exekutive, inwieweit die Zuwanderungsmöglichkeiten des AufenthG eröffnet würden. § 22 AufenthG ziele insoweit nicht auf die Verwirklichung von Grundrechten ab, sondern lediglich auf eine politische Entscheidung, die gerade Ausdruck des außenpolitischen Spielraumes sei. Die Aufnahmeerklärung ergehe somit auch nicht "zugunsten einzelner Ausländer", sondern aus eigener Souveränität und politischem Interesse. Im Ergebnis folge eine Aufnahme somit bis zuletzt nicht aus einem Rechtsanspruch, sondern lediglich als "Reflex" aus eben jener politischen Entscheidung.
Die Aufnahmeerklärung nach § 22 S. 2 AufenthG sei mangels Außenwirkung daher auch nicht als Verwaltungsakt anzusehen, der ein subjektives Recht begründe – auch nicht etwa darauf, dass das Antragsverfahren in einer bestimmten Zeitspanne abgeschlossen werde. Dass die Bereitschaft zur Aufnahme durch die nichtstaatliche GIZ vermittelt worden sei, ändere daran nichts.
Anders läge es nur bei einer festen "Aufnahmezusage" nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Nur dort sei eine gewisse mittelbare Außenwirkung anerkannt. Einen solchen Fall hatte das VG Berlin im Juli dementsprechend auch anders entschieden. Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.
Nur suspendiert, nicht aufgehoben
Das Gericht stellte klar, dass die Aufnahmeerklärung nicht etwa aufgehoben, sondern lediglich (vorübergehend) suspendiert worden sei. Ob eine Aufnahmeerklärung nach § 22 S. 2 AufenthG überhaupt "aufgehoben" werden könne, sei daher nicht zu entscheiden gewesen.
Die Aussetzung aller der Ortskräfteverfahren bzw. der Verfahren nach der "Überbrückungsliste" bis zu einer erneuten Überprüfung liege auch gerade im freien politischen Ermessen der Bundesregierung – das habe der Senat bereits zuvor bestätigt. Daher sei es nicht zu beanstanden, dass das politische Interesse einer Aufnahme vor der Erteilung von Visa nochmals überprüft werde.