Kein Visum für ehemalige afghanische Ortskraft und Familie

Ein afghanischer Staatsangehöriger hatte auf die Erteilung von humanitären Visa geklagt. Das OVG Berlin-Brandenburg hat seine Klage abgewiesen. Die von dem Mann gestellte Gefährdungsanzeige sei kein Visumsantrag.

Der Mann gibt an, er habe seit dem Jahr 2014 bis zur Machtübernahme der Taliban Alphabetisierungskurse für afghanische Polizeibeamte im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gegeben. Nach der Machtübernahme der Taliban machte der Mann bei der von der GIZ für das Ortskräfteverfahren Afghanistan bereitgestellten Mailadresse eine sogenannte Gefährdungsanzeige. Eine Zusage für die Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland wurde nicht erklärt. Daraufhin erhob der Mann im April 2022 Klage auf Erteilung von humanitären Visa für sich und seine Familie zur Einreise nach Deutschland.

Das OVG hat die Klage schon als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 4. Juni 2025 – OVG 6 B 4/24). Der Mann habe keinen Antrag auf Erteilung eines Visums bei einer deutschen Auslandsvertretung gestellt. Die eingereichte Gefährdungsanzeige stelle keinen Visumantrag dar und stehe diesem auch nicht gleich. Eine Gefährdungsanzeige sei dem Visumverfahren lediglich vorgeschaltet und stoße einen Willensbildungsprozess an, ob die Aufnahme nach § 22 Satz 2 AufenthG erklärt werden solle. Durch eine solche Anzeige werde die Stellung eines Visumantrags nicht entbehrlich.

§ 22 Satz 2 AufenthG begründet kein Recht auf Aufnahme

Auch hat das OVG die Klage als unbegründet erachtet. Gegen eine unterbliebene Aufnahme nach einer Gefährdungsanzeige könnten die Kläger nicht anführen, sie hätten einen Anspruch auf Aufnahme, so das OVG. Nach § 22 Satz 2 AufenthG müsse die Aufnahme im Bundesgebiet der "Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland" dienen. Ob die politischen Interessen der Bundesrepublik gewahrt würden, prüfe die Bundesregierung im Einzelfall im Rahmen eines weiten Entscheidungsspielraums.

Die Regelung begründe für die früheren Ortskräfte kein Recht auf Aufnahme. Laut dem OVG stellt der behördeninterne politische Meinungsbildungsprozess keine nach außen wirkende Verwaltungspraxis dar, die zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Eine Revision hat das OVG nicht zugelassen.

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.06.2025 - OVG 6 B 4/24

Redaktion beck-aktuell, kw, 5. Juni 2025.

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