Heirat in der Videokonferenz: In Deutschland unwirksam

Kann ein Deutscher seiner afghanischen Verlobten per Videotelefonie von Deutschland aus das Jawort geben? Für das OVG Berlin-Brandenburg erfüllt das nicht die für Inlandsehen maßgebliche Form ("persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit" beider). Das Visum für einen Familiennachzug war damit futsch.

Der Mann wollte seine Verlobte im Wege des Ehegattennachzugs legal nach Deutschland holen, wo er bereits seit 21 Jahren lebt. 2015 erhielt er die deutsche Staatsangehörigkeit. Vier Jahre später schloss er mit der Afghanin die Ehe, die erst 2021 registriert wurde. Sie befand sich im Zeitpunkt der Hochzeit im Iran. Sein Bruder, der neben einem weiteren Landsmann als Trauzeuge fungierte, auch. Der Angetraute wiederum war während der religiösen Zeremonie telefonisch per Videokonferenz "zugeschaltet".

Ende 2021 beantragte seine Frau in der deutschen Botschaft in Teheran ein Visum, um im Weg des Ehegattennachzugs nach § 30 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 6 Abs. 3 AufenthG sowie §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nach Deutschland ausreisen zu können. Dem Formular fügte sie eine afghanische Heiratsbescheinigung ("Marriage Certificate") samt englischer Übersetzung bei. Die Botschaft lehnte ihren Antrag ab, da sie erhebliche Zweifel an ihrer Ehe hatte.

Eine erneute Heirat Ende 2022 (per "Trauschein" des afghanischen Justizministeriums besiegelt) half der Afghanin, aber nur kurz: Das VG war von einer wirksamen Auslandsehe ausgegangen und verpflichtete die deutsche Botschaft, ihr ein Visum zu erteilen. Auf Berufung der Bundesrepublik kassierte das OVG dieses Urteil.

Eheschließung "zumindest auch" im Inland

Für das OVG Berlin-Brandenburg lag – entgegen der Entscheidung des VG – keine wirksame Eheschließung vor (Urteil vom 29.08.2024 – 6 B 1/24). Da der Ehemann an der Hochzeit aus Deutschland teilgenommen habe, liege der "Ort der Eheschließung (zumindest auch) im Inland". Damit habe er die für Inlandseheschließungen maßgebliche Form des § 1311 Satz 1 BGB, der die physische Präsenz der Eheschließenden vor dem Standesbeamten verlangt, nicht erfüllt. Somit sei die Ehe aus Sicht der deutschen Rechtsordnung als formunwirksam anzusehen.

Nicht zu folgen sei der Ansicht des VG, das von einer sogenannten Handschuhehe, bei dem einer der künftigen Eheleute nicht anwesend ist, ausgegangen war. Diese liege im Fall einer Online-Trauung gerade nicht vor und verstieße besonders gegen Sinn und Zweck des § 1311 BGB, die Eheschließenden vor der Gefahr von Manipulationen und Betrug während der Bild- und Tonübertragung zu schützen. Selbst, wenn man diese Erwägungen außer Acht lasse, überwögen die Zweifel an einer wirksamen Eheschließung aufgrund widersprüchlicher Angaben und der Vorlage von Urkunden mit zweifelhaftem Inhalt.

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.08.2024 - 6 B 1/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 8. Oktober 2024.