Forderungen: Bisherige Standards aufrechterhalten
Die Jamaika-Sondierungsparteien sollen dafür sorgen, dass sich im Fall einer schwarz-gelb-grünen Koalition die künftige Bundesregierung für den Erhalt der bisher geltenden völkerrechtlichen, menschenrechtlichen und europarechtlichen Standards stark macht, so die NRV. Weder das Grundgesetz noch die Genfer Flüchtlingskonvention oder die Europäische Menschenrechtskonvention ließen eine Obergrenze zu. Ferner dürften legale Zugangswege für Schutzsuchende nach Europa nicht anstelle des individuellen Schutzzugangs stehen, sondern müssten diesen ergänzen. Auch dürfe es keine Auslagerung des Flüchtlingsschutzes in Krisen- und Transitstaaten geben, um die die Zahl der nach Europa einreisenden Schutzsuchenden zu begrenzen.
Keine Absenkung der Anforderungen an die Definition sicherer Nicht-EU-Drittstaaten
Konkret lehnen die Organisationen Bestrebungen der EU ab, die Anforderungen an die Qualifikation von Nicht-EU-Staaten als sichere Drittstaaten zu senken. Der Verweis auf sichere Drittstaaten dürfe entsprechend den UNHCR-Kriterien – wenn überhaupt – nur erfolgen, wenn dort ein effektiver Zugang zu Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gewährleistet ist und die Schutzsuchenden eine tragfähige Verbindung zu dem jeweiligen Drittstaat haben. Hierfür reiche der Transit ebenso wenig aus wie die Sicherheit in einem Teilgebiet des Staates.
Keine vorgeschalteten Zulässigkeitsverfahren an den EU-Außengrenzen
Auch die zwingende Einführung von vorgeschalteten Zulässigkeitsverfahren an den EU-Außengrenzen lehnen die Organisationen ab. Dadurch werde der Zugang zum Asylrecht in Europa deutlich erschwert. Individuelle Fluchtgründe würden nach einer Unzulässigkeitsentscheidung nicht mehr geprüft, Familienzusammenführungen würden massiv erschwert und die EU-Staaten an den Außengrenzen noch mehr als bisher überfordert. Es drohe die Zurückschiebung in Staaten wie die Türkei, die sich immer weiter von rechtsstaatlichen Verhältnissen entferne.
Keine Verschärfung der bestehenden Dublin-Verordnung
Darüber hinaus kritisieren die Organisationen die geplante Verschärfung der Dublin-III-Verordnung. Nach dem aktuellen Verhandlungsstand solle die Zuständigkeit der Ersteinreisestaaten auf fünf bis zehn Jahre verlängert oder sogar für immer aufrechterhalten werden. Die bisher geltende sechsmonatige Überstellungsfrist solle gestrichen werden. Dadurch bestehe die Gefahr, dass in vielen Fällen kein Asylverfahren durchgeführt wird und die Fluchtgründe inhaltlich nicht geprüft werden. Randstaaten der EU würde noch stärker als bisher die Verantwortung für das Asylverfahren aufgebürdet. Die Betroffenen würden recht- und schutzlos gestellt. Ob und welchen Status sie dann in Deutschland hätten, sei vollkommen ungeklärt, da das bisher vorgesehene Selbsteintrittsrecht des Mitgliedsstaats entfallen soll. Ihnen stünden nach Plänen der Kommission keine Sozialleistungen, nur medizinische Notleistungen zu. Bisher würden nur rund 15% der Dublin-Fälle von Deutschland tatsächlich überstellt. Sollte die oben dargestellte Regelung in Kraft treten, werde dies dazu führen, dass zehntausende Schutzsuchende in der Illegalität leben oder ein Leben im Elend auf der Straße führen.