Mit Wahlkandidaten verwandt: Unternehmer muss Pressebericht über seine Verurteilung hinnehmen

Ist ein lokaler Bauunternehmer mit Kandidaten einer bevorstehenden Ortsvorsteherwahl verwandt, darf die Presse über seine strafrechtliche Verurteilung berichten – auch, wenn diese noch nicht rechtskräftig ist. Das OLG Zweibrücken bejaht ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung. 

Die anstehende Neuwahl eines Ortsvorstehers war Thema eines Berichts, den eine pfälzische Tageszeitung in ihrer Online- und ihrer Print-Ausgabe veröffentlicht hatte. In dem Artikel wurden die drei angetretenen Kandidaten vorgestellt und dabei erwähnt, dass zwei der Kandidaten mit einem lokalen Bauunternehmer und Landwirt verwandt seien, dem Anwohner vorwerfen, für den stark angestiegenen Lkw-Verkehr im Ort verantwortlich zu sein.

Auch berichtet wurde, dass der Bauunternehmer erstinstanzlich zu einer Bewährungstrafe wegen Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und versuchter gefährlicher Körperverletzung von Anwohnern verurteilt worden sei. Auf eine Abmahnung des Bauunternehmers hin schwärzte die Zeitung den Bericht und ergänzte diesen um den Hinweis, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei. Dem Bauunternehmer ging das nicht weit genug. Er stellte einen Eilantrag. Die Zeitung müsse den Bericht unterlassen. Hiermit drang er weder in erster noch in zweiter Instanz durch.

Das OLG Zweibrücken hielt das Anliegen schon für nicht eilbedürftig (Beschluss vom 26.10.2023 – 4 W 23/23). Der Bauunternehmer habe über fünf Wochen mit der Stellung des Antrags gewartet. Unabhängig davon handele es sich bei dem Zeitungsartikel um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Der Bericht beruhe auf wahren Tatsachen, an denen ein gesteigertes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestehe. Es sei Aufgabe der Presse, im Zusammenhang mit demokratischen Prozessen zu berichten. Hierzu gehöre auch die Berichterstattung über den Hintergrund der Kandidaten, insbesondere deren verwandtschaftliche Beziehungen. Denn diese könnten möglicherweise zukünftige Entscheidungen der Kandidaten beeinflussen.

Sowohl der erhöhte Lkw-Verkehr im Ort als auch die erstinstanzlich abgeurteilten Straftaten des Unternehmers zulasten der Anwohner seien jedenfalls von lokalem Interesse. Deswegen müsse der Mann die Berichterstattung hinnehmen – auch, wenn möglich sei, dass ihn zumindest die Einwohner des betroffenen Ortsteils anhand der im Artikel genannten Einzelinformationen identifizieren.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.10.2023 - 4 W 23/23

Redaktion beck-aktuell, ak, 13. März 2024.