Überlassen eines Joints an Minderjährigen nur bei Billigung des Mitkonsums strafbar

Die Strafbarkeit des Überlassens von Betäubungsmitteln an einen Minderjährigen zum Sofortverbrauch setzt voraus, dass der Täter zumindest konkludent sein Einverständnis mit dem Konsum des Minderjährigen zum Ausdruck bringt. Es reiche nicht aus, wenn der Täter den Konsum durch den Minderjährigen lediglich hätte verhindern können, entschied das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken am 06.10.2020.

Chef ließ 16-jährigen Azubi in geselliger Feierabendrunde an Joint ziehen

Der Angeklagte ist Vorgesetzter eines 16-jährigen Auszubildenden. Zusammen mit zwei erwachsenen Arbeitskollegen trafen sie sich im August 2018 nach Feierabend am Rande eines Weinfestes. Bei dieser Gelegenheit fertigte der Angeklagte aus einem von ihm mitgebrachten Päckchen Marihuana einen Joint an, an dem er anschließend mit einem der erwachsenen Kollegen abwechselnd rauchte. Hierbei äußerte der Minderjährige, dass auch er schon über Erfahrungen mit Cannabis verfüge. Sodann griff der Auszubildende nach dem im Aschenbecher abgelegten Joint und zog daran.

AG nahm Strafbarkeit an

Das Amtsgericht hatte dem Angeklagten zum Vorwurf gemacht, den Zugriff des Minderjährigen auf den Joint nicht verhindert zu haben. Wegen Überlassens von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren zum unmittelbaren Verbrauch verurteilte es ihn zu einer Geldstrafe. Der Angeklagte legte Revision ein. 

OLG: Einverständnis des Angeklagten zum Mitkonsum steht nicht fest

Auf die Revision des Angeklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil sich das Amtsgericht nicht ausreichend mit dem Vorstellungsbild des Angeklagten im Vorfeld des Zugriffs durch den Minderjährigen auseinandergesetzt habe. Nach § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG stehe es unter Strafe, wenn ein Täter einem Minderjährigen Betäubungsmittel überlasse, damit dieser sie an Ort und Stelle konsumieren könne. Das Tatbestandsmerkmal des Überlassens setze aber voraus, dass der Täter gegenüber dem Minderjährigen zumindest konkludent sein Einverständnis mit dessen Konsum zum Ausdruck bringe. Hierfür reiche es jedoch nicht aus, wenn der Täter den Mitkonsum durch den Minderjährigen lediglich hätte verhindern können. Erforderlich sei vielmehr, dass der Täter zumindest mit einem Zugriff durch den Minderjährigen rechnete und diesen billigte.

AG muss Sachverhalt klären und erneut entscheiden

Da entsprechende Ausführungen dem amtsgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen seien, müsse es nunmehr erneut über die Sache verhandeln und entscheiden, so die Richter am OLG weiter. Außerdem müsse geprüft werden, ob sich der Angeklagte im Hinblick auf die Ermöglichung des Mitkonsums durch den erwachsenen Arbeitskollegen auch wegen unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch beziehungsweise im Hinblick auf das von ihm mitgebrachte Päckchen Marihuana wegen Besitzes von Betäubungsmitteln strafbar gemacht habe.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.10.2020 - 2 Ss 38/20

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2020.