Trennung von inhaftiertem Ehegatten bei Erkennbarkeit des Trennungswillens

Verbüßt ein Ehegatte eine Freiheitsstrafe, ist eine Trennung von ihm, mit der das Trennungsjahr als Voraussetzung für eine Scheidung zu laufen beginnt, erst dann anzunehmen, wenn der Trennungswille für ihn erkennbar wird. Dies hat das Oberlandesgericht Zweibrücken entschieden. Zudem entschied es, dass die mitgetragene Erwerbslosigkeit des Ehegatten regelmäßig nicht den Wegfall des Versorgungsausgleiches rechtfertigt.

Ehefrau reicht Scheidung von inhaftiertem Ehemann ein

Die Eheleute heirateten 2002. Der Ehemann hatte keine abgeschlossene Ausbildung, war seit Jahren drogenabhängig und hatte lediglich kurzzeitige Hilfstätigkeiten ausgeführt. Die Ehefrau war hingegen durchgehend berufstätig. Im Jahr 2020 wurde dem Ehemann, der seinerzeit eine Haftstrafe verbüßte, der Scheidungsantrag in der JVA zugestellt. Die Ehefrau hielt die Ehe für gescheitert und die Durchführung des Versorgungsausgleichs für grob unbillig. Die Ehe wurde vom zuständigen Amtsgericht geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Beide Eheleute beschwerten sich. Der Ehemann wandte sich gegen den Scheidungsausspruch. Er meinte, das Trennungsjahr sei noch nicht abgelaufen. Die Ehefrau verteidigte den Scheidungsausspruch, machte aber geltend, die Durchführung des Versorgungsausgleichs müsse wegen grober Unbilligkeit unterbleiben.

OLG: Erkennbarkeit des Trennungswillens maßgeblich

Das OLG (BeckRS 2021, 10820) hat die Beschwerden beider Eheleute zurückgewiesen. Zwar könne eine Scheidung erst nach Abschluss des Trennungsjahres erfolgen. In Fällen des fehlenden täglichen Zusammenlebens sei aber zur Berechnung der Trennungszeit darauf abzustellen, wann der Trennungswille des einen Ehegatten für den anderen erkennbar gewesen sei. Von dem Trennungswillen der Ehefrau habe der Ehemann jedenfalls mit Zugang des Verfahrenskostenhilfeantrages für den beabsichtigten Scheidungsantrag erfahren. In der Folge sei im Verlauf des Beschwerdeverfahrens das Trennungsjahr abgelaufen.

Versorgungsausgleich nicht grob unbillig

Auch die Durchführung des Versorgungsausgleiches ist laut OLG rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder einen Wegfall des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit seien nicht gegeben. Der Ehefrau sei bereits im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt gewesen, dass aufgrund der Situation des Mannes (Drogenabhängigkeit, keine Ausbildung) voraussichtlich nicht mit erheblichen Rentenanwartschaften zu rechnen sei. Daran habe sich während der Ehe nichts Wesentliches geändert.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.04.2021 - 2 UF 159/20

Redaktion beck-aktuell, 5. Januar 2022.