Teilentzug elterlicher Sorge wegen Verweigerung der Covid-19-Impfung
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Wer seinem 15-jährigen Kind gegen dessen nachdrücklichen Willen die Impfung gegen Covid-19 strikt verweigert, missbraucht sein Sorgerecht und handelt wider das Kindeswohl. In einem solchen Fall hält das Oberlandesgericht Zweibrücken den Teilentzug der elterlichen Sorge in Bezug auf die Befugnis zur Entscheidung über eine Covid-19 Impfung und die Anordnung eines Ergänzungspflegers für gerechtfertigt.

Mutter lehnt Covid-19-Impfung strikt ab

Im zugrunde liegenden Fall übt die Mutter die elterliche Sorge für ihre 15-jährige Tochter allein aus. Das Mädchen lebt auf eigenen Wunsch seit Februar 2020 nicht mehr bei der Mutter und verweigert die Rückkehr in den mütterlichen Haushalt. Nachdem die Jugendliche seit längerer Zeit den Wunsch geäußert hatte, gegen Corona geimpft zu werden und ihre Mutter diese Impfung strikt ablehnt, hat das Jugendamt im November 2021 ein Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Pirmasens eingeleitet. Das Familiengericht hat daraufhin der Kindesmutter die elterliche Sorge in dem Teilbereich des Rechts zur Entscheidung über eine Covid-19-Impfung entzogen und die Ergänzungspflegschaft angeordnet.

Kind lehnt Kontakt zu Mutter ab

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass im Fall einer Kindeswohlgefährdung das Familiengericht die zur Abwehr der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen habe, wenn das alleinsorgeberechtigte Elternteil hierzu nicht gewillt oder in der Lage sei. Nach dem persönlichen Eindruck des OLG bestünden weder Zweifel an der Eignung der Minderjährigen, die Tragweite der Impfentscheidung zu erfassen, noch an der Ernsthaftigkeit, auch künftig jeglichen Kontakt zur Mutter abzulehnen.

Impfwunsch als Akt der Selbstbestimmung

Solange das Kind aber jeglichen Kontakt zur Mutter ablehne und sich die Mutter ihrerseits dem Impfwunsch des Kindes von vornherein verschließe, sei eine Risikoabwägung und letztlich eine Entscheidung über die Frage, ob eine Schutzimpfung wahrgenommen werde, nicht in konstruktiver und kindeswohldienlicher Weise möglich. Die im Rahmen der persönlichen Anhörung der Kindesmutter – im Beisein der Minderjährigen – abermals geäußerte strikte Ablehnung der Impfung habe das OLG weiterhin als einen nachhaltig ausgeübten Sorgerechtsmissbrauch gewertet, der dem Kindeswohl zuwiderläuft und den angeordneten Teilentzug der elterlichen Sorge gebietet. Die Covid-19 Impfung sei für die Minderjährige von erheblicher Bedeutung. Dieser nachdrückliche Impfwunsch sei aufgrund des Alters des Kindes als Akt der Selbstbestimmung in besonderem Maße beachtlich. Darauf, dass bei der Minderjährigen keine besonderen Impfrisiken vorgelegen und die Schutzimpfungen nunmehr gemäß der Empfehlung der STIKO erfolgt seien, komme es nicht an.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.07.2022 -

2 UF 37/22

Redaktion beck-aktuell, 12. Dezember 2022.

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