Nicht immer uneingeschränkte Zufahrt zu Hinterliegergrundstück

Der Umfang eines Geh- und Fahrtrechts muss sich immer am Einzelfall orientieren und besteht unter Umständen nicht uneingeschränkt. Bei der Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück sind gewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtsbreite hinzunehmen. Hierauf weist das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hin. Hierzu seien zum Beispiel die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrtrechts zu berücksichtigen.

Pkw-Stellplätze erschweren Zufahrt zu "Hinterliegergrundstück"

Ein Mann hatte ein "Hinterliegergrundstück" erworben, das keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt. Die Zufahrt zu dem Anwesen und den dazugehörigen fünf Garagen erfolgte ausschließlich über den Hof des benachbarten Grundstücks der Beklagten. Zur Absicherung des Zufahrtsrechts war im Grundbuch des Beklagtengrundstücks ein sogenanntes Geh- und Fahrrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eingetragen. Das Hofgelände zwischen den Gebäuden war zunächst groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren. Dies änderte sich, als die Beklagten auf ihrem Teil des Hofgrundstücks für ihre Mieter zwei Pkw-Stellplätze entlang der Hauswand einrichteten. Waren die Stellplätze belegt, konnten die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren. Sie mussten gegebenenfalls rückwärts ein- oder ausfahren. Der Nachbar forderte deshalb die Beklagten auf, die Stellplätze zu entfernen und das Geh- und Fahrrecht wieder uneingeschränkt zu gewährleisten.

Klage nach Hinweisbeschluss in zweiter Instanz zurückgenommen

Das Landgericht Kaiserslautern hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen, da die Garagen des Klägers weiterhin erreichbar waren und es nach Ansicht des Landgerichts keine Beeinträchtigung des Geh- und Fahrtrechts gab. Auf die hiergegen gerichtete Berufung wies das OLG Zweibrücken den Kläger darauf hin, dass es beabsichtige, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück. Wenn wie hier ein eingetragenes Geh- und Fahrrecht im Grundbuch nicht näher konkretisiert sei, könnten auch andere Umstände herangezogen werden, um den Umfang des Rechts festzustellen. Hierzu seien zum Beispiel die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrtrechts zu berücksichtigen.

Garagen müssen mit üblichem Kfz in üblicher Bogenfahrt erreichbar sein

Die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt müsse jedenfalls breit genug sein, um mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können. Da nach § 32 StVZO die höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen allgemein 2,55 Meter beträgt, sollte die Zufahrtsbreite mindestens drei Meter betragen, so das OLG. In Höhe des Bogens zu den links gelegenen Garagen sollte die Zufahrt etwas breiter sein. Hier orientierte sich das OLG an der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Garagenverordnung Rheinland-Pfalz und hielt eine Breite von mindestens fünf Metern für angemessen. Auch diese Vorgabe sei nach den vorlegten Lichtbildern erfüllt.

Grunddienstbarkeit schonend auszuüben

Das OLG verwies zudem darauf hin, dass § 1020 S. 1 BGB den Berechtigten zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit verpflichte. In diesem Sinn habe es der Kläger hinzunehmen, dass die Beklagten ihr Eigentumsrecht ausüben und einen Teil ihres Grundstücks als Pkw-Stellfläche nutzen, sofern sein Zufahrtsrecht dadurch nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Die damit für ihn und die Garagennutzer verbundene nachteilige Veränderung müsse er hinnehmen.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.05.2022 - 7 U 150/20

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, 18. Juli 2022.