Vorinstanz hatte Äußerungen in Teilen untersagt
Bei den "Panama Papers“ handelt es sich um Dateien zu Briefkastenfirmen, die eine panamaische Rechtsanwaltskanzlei für eine Vielzahl prominenter Kunden geführt haben soll. Ein anonymer Informant soll die Dateien an einen der Beklagten übermittelt haben. Der Kläger war nach Erscheinen des Beitrags gegen den Zeitungsverlag sowie die drei Verfasser des Artikels vorgegangen. In dem angegriffenen Urteil vom 11.08.2016 hatte das Landgericht Stuttgart einige der Äußerungen untersagt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.
Beteiligung an etwaigem Rechtsbruch des Informanten
Das OLG hat die LG-Entscheidung teilweise bestätigt und teilweise abgeändert. Dabei hat es sich eigenen Angaben zufolge – in Anwendung der Maßstäbe aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung – insbesondere mit der Frage auseinandergesetzt, ob die möglicherweise rechtswidrige Erlangung der Dateien der Veröffentlichung insgesamt entgegensteht. In tatsächlicher Hinsicht habe es hierfür die zwischen den Parteien unstreitige Darstellung in dem Buch "Panama Papers – Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung" zugrunde gelegt. Danach sei davon auszugehen, dass die Beklagten nicht lediglich ihnen zugespielte Informationen veröffentlicht haben. Vielmehr habe sich zumindest einer der Beklagten an einem etwaigen Rechtsbruch des Informanten beteiligt, indem er sich auf dessen Angebot eingelassen habe, nicht nur bereits vorhandene, sondern auch neu entstehende Informationen zu übermitteln, sofern diese veröffentlicht werden.
Kläger kann sich nicht auf rechtswidrige Beschaffung berufen
Auf die möglicherweise rechtswidrige Beschaffung könne sich der Kläger jedoch nicht berufen, weil diese keine Straftat zu seinem Nachteil darstelle und ihn im Ergebnis auch nicht in eigenen Rechten verletze, so das OLG weiter. Insbesondere klage vorliegend nicht die Kanzlei, bei der das "Leak" bestand. Der Kläger dieses Verfahrens könne durch die Informationsweitergabe allenfalls in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sein. Dieses habe in der erforderlichen Abwägung mit dem Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten. Ein überragendes öffentliches Informationsinteresse ergebe sich insbesondere aus der fehlenden Transparenz über den hinter der Briefkastenfirma stehenden wirtschaftlichen Eigentümer, der für die Behörden seines Heimatstaats nicht identifizierbar und mithin auch nicht kontrollierbar ist, und aus dem daraus folgenden Missbrauchspotenzial, etwa für Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Bediene sich eine sehr prominente Person wie der Kläger dieses Geschäftsmodells, das in den Augen jedenfalls eines erheblichen Teils der Allgemeinheit per se einen Missstand darstellt, rechtfertige dies eine identifizierende Berichterstattung.
Angabe des Wohnorts geht nach Ansicht des OLG zu weit
Hinsichtlich der angegriffenen Äußerungen hat das OLG aufgrund einer Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) mit dem Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK) entschieden, dass die detaillierte Beschreibung des vom Kläger bewohnten Anwesens unter gleichzeitiger Nennung des Ortes, in dem dieses liegt, und die Veröffentlichung des diesbezüglichen Grundbuchauszugs in rechtswidriger Weise sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen. Denn der Leser könne auch ohne Angabe des Wohnortes darüber informiert werden, dass sich der Kläger insoweit einer seiner Briefkastenfirmen bedient, die als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist. Auch für die öffentliche Meinungsbildung zur Frage, welchen Lebenszuschnitt sich der Kläger aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als "Geheimagent" leisten kann und ob dieser in angemessenem Verhältnis zu seinen Leistungen steht, genüge die Beschreibung des Anwesens ohne Angabe des Wohnorts.
Kein Rechtsverstoß durch Hinweis auf Tarnidentität
Die Ablichtung eines Reisepasses des Klägers, der auf eine seiner Tarnidentitäten ausgestellt ist, verletze ihn hingegen weder in seinem Recht am eigenen Bild noch in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das OLG sei dem Argument einer Gefährdung des Klägers bereits deswegen nicht gefolgt, weil dieser ohne Weiteres durch Bilder aus allgemein zugänglichen Quellen identifizierbar sei, was eine zusätzliche Gefährdung gerade durch die Veröffentlichung des Passbildes ausschließe. Auch die Tarnidentität selbst sei schon vor der Publikation des streitgegenständlichen Beitrags öffentlich enttarnt worden und über eine Internetrecherche, beispielsweise im Wikipedia-Artikel über den Kläger, zu finden.
Bestechungsvorwurf verletzt Persönlichkeitsrecht
Die Äußerung, über den Kläger gebe es das Gerücht, er solle Polizisten bestochen haben, verletze den Kläger dagegen rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Es handele sich um eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung, deren Wahrheit von den Beklagten glaubhaft zu machen wäre, was ihnen jedoch nicht gelungen sei. Nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung, die auch auf die Wiedergabe eines Gerüchts anwendbar sind, sei die Äußerung unzulässig. Ein von den Beklagten angeführtes Strafverfahren in Belgien, in dem der Kläger rechtskräftig freigesprochen worden ist, sowie die Bezugnahme auf nahezu 20 Jahre alte und überwiegend noch ältere Presseberichte genüge den Anforderungen an eine sorgfältige Recherche über den Wahrheitsgehalt des Verdachts nicht.
Verfahren um Buch zu "Panama Papers" bereits im November 2016 entschieden
Bereits am 30.11.2016 hatte das OLG in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes des Klägers gegen den Verlag und die beiden Autoren des Buches "Panama Papers – Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung" entschieden.