Motorradtour: Veranstalter garantiert keine "schadlose Rückkehr von der Reise"

Für Fahrfehler eines Urlaubers haftet ein Reiseveranstalter für geführte Motorradreisen nicht. Das OLG Stuttgart stellte klar, dass der Veranstalter keine Unfallfreiheit garantieren kann, da er keinen Einfluss auf Fahrfehler habe. 

Es war ein wunderschöner einwöchiger Motorradurlaub in Kroatien - der für einen der Fahrer aber tödlich endete. Der Geschädigte machte auf seiner eigenen Ducati Multistrada 1200 S eine geführte Motorradtour mit. Da er sich selbst als einen sehr leistungsstarken Fahrer einschätzte, fuhr er in der ersten von drei Gruppen à sechs Fahrern mit. Am letzten Tag fuhren sie von Karlobag nach Gospic und nach einer Pause zurück nach Karlobag. In einer Rechtskurve mit sich verengendem Kurvenradius geriet der Fahrer auf die Gegenfahrbahn, kam nach links von der Fahrbahn ab und stürzte einen Abhang hinunter. Er verletzte sich dabei sehr schwer und starb nach einem Vierteljahr im Krankenhaus. Bis dahin waren rund 112.000 Euro an Heilbehandlungskosten aufgelaufen. Seine Krankenkasse forderte diese Summe von dem Reiseveranstalter und dem Tourguide zurück. Sowohl das LG als auch das OLG Stuttgart wiesen die Klage ab.

Die Krankenkasse habe keinerlei Ansprüche – weder aus dem Reisevertrag nach § 651i Abs. 3 Nr. 7, § 651n Abs. 3 BGB noch aus Delikt nach § 823 Abs. 1 BGB, so das OLG (Urteil vom 10.11.2023 – 3 U 23/23). Eine Beschaffenheitsvereinbarung dergestalt, dass eine unfallfreie Reise garantiert werde, sei nicht gegeben. Risiken, auf die der Veranstalter keinerlei Einfluss hat, können nach Ansicht der Stuttgarter Richterinnen und Richter nicht von diesem übernommen werden. Die Verletzung an sich begründe auch keinen Mangel im Sinne des Reiserechts.

Verantwortung für Fahrfehler trägt Verunglückter selbst

Den Veranstalter treffe weder für Defekte am Motorrad noch für Fahrfehler des Verunglückten eine Verkehrssicherungspflicht. Auch wenn mit guten Tipps für die Kurventechnik und ähnlichem geworben werde, hätten doch alle Urlauber einen Führerschein und dementsprechend die Kenntnisse und Fertigkeiten, die sie für die Tour benötigten. Auch eine permanente Überwachungspflicht diesbezüglich trage der Veranstalter nicht, denn schließlich führen Motorradfahrer auch sonst eigenverantwortlich und ohne Aufsicht. Das OLG verneinte eine Pflicht zum "betreuten Fahren", solange es sich nicht um Fahrschüler handele.

Auch der Tourguide kann dem OLG Stuttgart zufolge nicht belangt werden. Auch wenn er das Tempo durch sein Voranfahren vorgegeben habe, habe doch außer Frage gestanden, dass die Urlauber ihr eigenes Tempo fahren. Der Verunglückte sei mit 53 Jahren auch kein Heranwachsender mehr gewesen, der sich durch ein überhöhtes Tempo hätte genötigt fühlen können, sich selbst zu überfordern. Selbst wenn der Guide mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei – was nicht bewiesen worden sei – habe er doch darauf vertrauen können, dass die Teilnehmer nur so schnell fahren, dass sie ihr Fahrzeug noch im Griff haben. Mache die Ortsunkenntnis eine sichere Einschätzung der Strecke unmöglich, müssten sie ihre Geschwindigkeit darauf ausrichten. Der Guide trage keinerlei Verantwortung für eine Selbstgefährdung des Verunglückten. 

OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2023 - 3 U 23/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 21. Februar 2024.