Beklagte war am Lkw-Kartell beteiligt
Die Beklagte war Mitglied eines von 1997 bis 2011 bestehenden Kartells von Lkw-Herstellern, die untereinander Bruttopreislisten und Informationen über Bruttopreise austauschten. Ein von der Europäischen Kommission gegen die Lkw-Hersteller geführtes Kartellverfahren endete im Juli 2016 mit einem Vergleich und der Verhängung von Bußgeldern.
Klägerin verlangt Kartellschadensersatz wegen Zahlung überhöhter Lkw-Preise
Mit der Begründung, dass aufgrund des Kartells die von ihren Tochterfirmen bezahlten Kaufpreise für die im Zeitraum 1997 bis 2011 gekauften Lkw kartellbedingt überhöht gewesen seien, verlangt die Klägerin Schadensersatz. Das Landgericht Stuttgart hat in einem sogenannten Grundurteil die Schadensersatzansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Frage, in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist, der Klärung im anschließenden Betragsverfahren überlassen. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein.
OLG: Kartellrechtsverstoß durch EU-Kommission bindend festgestellt
Das OLG hat das LG-Urteil im Wesentlichen bestätigt. Der Kartellrechtsverstoß sei zwischen den Parteien unstreitig und auch durch den Beschluss der Kommission vom 19.07.2016 bindend festgestellt. Die Lkw-Käufe, die Gegenstand der Klage seien, seien mit Ausnahme des zeitlich ersten Kaufs im Jahr 1997 von dem Kartellverstoß betroffen, weil nach den Feststellungen der Kommission die ausgetauschten Bruttopreislisten die Preise aller mittelschweren und schweren Lkw-Modelle sowie sämtlicher vom jeweiligen Hersteller ab Werk angebotenen Sonderausstattungen enthalten hätten.
Hohe Wahrscheinlichkeit spricht für preissteigernde Wirkung des Kartells
Laut OLG ist es auch wahrscheinlich, dass ein Schaden entstanden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diene die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der am Kartell beteiligten Unternehmen, weshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das Kartell gebildet und erhalten werde, weil es höhere als am Markt erzielbare Preise erbringe. Damit sei zugleich wahrscheinlich, dass bei den Abnehmern der am Kartell beteiligten Firmen hierdurch ein Schaden verursacht werde. Die gegen diesen wirtschaftlichen Erfahrungssatz des BGH von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen seien nicht durchgreifend, weil sie im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen der Kommission stünden.
Keine Verjährung: Verjährungshemmung bereits ab den ersten Ermittlungsmaßnahmen
Verjährung ist dem OLG zufolge nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist ab den ersten Ermittlungsmaßnahmen der Europäischen Kommission bis zum Abschluss des Verfahrens gehemmt gewesen sei.