OLG Stuttgart bestätigt Schadensersatz wegen unrichtiger Größenangabe beim Verkauf einer Eigentumswohnung

In einem Schadensersatzprozess wegen einer unzutreffenden Angabe zur Größe einer Eigentumswohnung erhält ein Wohnungskäufer Schadensersatz in Höhe von rund 18.000 Euro. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.12.2018 hervor, mit dem die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Stuttgart im Wesentlichen bestätigt wurde (Az.: 14 U 44/18).

Bedeutung der falschen Größenangabe für die Kaufentscheidung umstritten

Die Eigentumswohnung in Stuttgart-Bad Cannstatt wurde vom beklagten Sohn des Eigentümers auf einem Onlineportal zunächst mit 98 Quadratmetern Größe angepriesen. Noch vor dem Kaufvertragsabschluss korrigierte der Beklagte und Berufungskläger die Wohnungsgröße auf "circa 89 Quadratmeter". Die tatsächlich nur 78,2 Quadratmeter große Wohnung wurde zu einem Kaufpreis von 250.000 Euro im Mai 2015 an die Kläger verkauft. Die Kaufvertragsparteien streiten über die Bedeutung der falschen Größenangabe für die Kaufentscheidung und eine mögliche Schadensersatzpflicht des Sohnes des Verkäufers.

OLG: Verstoß gegen Rücksichtnahmegebot

Nach den Ausführungen des Berufungssenats widerspricht die unzutreffende Beschreibung einer Eigenschaft des Kaufgegenstandes dem Rücksichtnahmegebot und kann daher Schadensersatzpflichten wegen Verschuldens bei Vertragsschluss auslösen. Wer ohne konkrete Anhaltspunkte Angaben über die Wohnungsgröße ins Blaue hinein mache und seine Ungewissheit darüber nicht offenbare, handele schuldhaft und beeinflusse dadurch das Kaufverhalten. Dabei habe der Beklagte hier auch das besondere persönliche Vertrauen der Kläger in Anspruch genommen, da er sich bis zum Notartermin als Verkäufer und Eigentümer der Wohnung gerierte, obwohl diese seinem Vater gehörte. Der Beklagte sei gegenüber den Klägern in einer Art und Weise aufgetreten, so dass diese ihn bis zum Notartermin für den Verkäufer und Eigentümer halten mussten. Die Kläger durften nach Auffassung des Gerichts davon ausgehen, dass der Beklagte, der die Wohnung selbst saniert hatte, fundierte Angaben zu deren Größe tätigen konnte.

BGH-Rechtsprechung zur Wohnraummiete kann nicht herangezogen werden

Die Kläger könnten daher den sogenannten Vertrauensschaden verlangen, also den Betrag, um den sie die Wohnung zu teuer erworben haben. Bei der Herabsetzung des Kaufpreises ist nach den Darlegungen des Senats die Zirkaangabe ("circa 89 Quadratmeter") des Berufungsklägers zu berücksichtigen. Nur beim Überschreiten eines bestimmten, von der Zirkaangabe abgedeckten Rahmens komme ein Ersatzanspruch der Käufer in Betracht. Zu der Frage, wie hoch eine aufgrund der Zirkaangabe erlaubte Abweichung von der tatsächlichen Größe sein dürfe, könne die BGH-Rechtsprechung zur Wohnraummiete allerdings nicht herangezogen werden. Vielmehr sei beim hier vorliegenden Sachverhalt eine bis zu 5%ige Abweichung von der Größenangabe des Verkäufers noch zulässig. Da die tatsächliche Abweichung hier jedoch bei rund 12% liege, sei jedenfalls ein Schadensersatz für die von 89 Quadratmeter abzüglich 5%=84,55 Quadratmeter abweichende Differenz zur tatsächlichen Wohnungsgröße in Höhe von noch 6,35 Quadratmeter, multipliziert mit dem Quadratmeterpreis, zu leisten. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.

OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2018 - 14 U 44/18

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2018.