Grundstücksnachbarn wollten per einstweiliger Verfügung Veränderungen an einer Grenzbebauung, die Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens waren, wegen drohenden Beweisverlusts untersagen lassen. In dem dortigen Verfahren sollte der Zustand der Grenze und der Grenzbebauung – eine etwa 20 m lange Mauer – begutachtet werden.
Das LG Tübingen wies den Antrag aus inhaltlichen Gründen zurück. Einer der Eigentümer legte dagegen die sofortige Beschwerde über das besondere elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) ein, ohne anwaltlich vertreten zu sein – vergeblich.
Das OLG Stuttgart wies die sofortige Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zurück (Beschluss vom 17.04.2024 – 3 W 18/24). Sie sei nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt worden, was der Anwaltszwang jedoch nach § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO vorschreibe, kritisierte das Richtergremium. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das Gesuch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 920 Abs. 3, 936 ZPO vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden kann und dies nach § 78 Abs. 3 ZPO ohne einen Rechtsanwalt möglich ist.
"Zu Recht geht die mittlerweile wohl überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte davon aus, dass die gesetzliche Möglichkeit, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären, nur die Form dieses Gesuchs betrifft und nicht dazu führt, dass das gesamte, dem folgende Verfahren kein Anwaltsprozess ist", entschieden die Stuttgarter Richterinnen und Richter. Bereits der Wortlaut des § 78 Abs. 3 ZPO regele ausschließlich die Form einer Prozesshandlung und nicht die Frage, ob es sich bei dem zugrunde liegenden Verfahren um einen Anwaltsprozess handele. Das sehe auch der BGH so bezugnehmend auf § 920 Abs. 3 ZPO ("Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden."), der aus der gesetzlichen Möglichkeit, Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben, nicht schließe, dass für das Verfahren insgesamt kein Anwaltszwang gelte.