OLG Schleswig setzt Vollzug des Auslieferungshaftbefehls gegen Puigdemont unter Auflagen aus

Carles Puigdemont könnte möglicherweise noch vor dem Wochenende freikommen. Das Oberlandesgericht Schleswig hat am 05.04.2018 zwar Auslieferungshaftbefehl gegen den katalanischen Separatistenführer wegen Veruntreuung erlassen. Gleichzeitig hat es aber Haftverschonung unter Auflagen angeordnet. Zu den Auflagen gehört unter anderem die Zahlung einer Sicherheit in Höhe von 75.000 Euro. Der Erste Strafsenat ist der Auffassung, dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der "Rebellion" die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist. Etwas anderes gelte dagegen für den Vorwurf der "Korruption" in Form der Untreue, so das Gericht. Weniger einschneidende Maßnahmen als der Vollzug der Auslieferungshaft würden hier aber zur Sicherung des Auslieferungsverfahrens ausreichen.

Zur Last gelegtes Verhalten in Deutschland nicht strafbar

Eine Auslieferung des Verfolgten wegen des Straftatbestands der Rebellion gemäß Art. 472 Abs. 5 und 7 des spanischen Strafgesetzbuches komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht, so das OLG. Das dem Verfolgten zur Last gelegte Verhalten wäre in der Bundesrepublik Deutschland nach hier geltendem Recht nicht strafbar. Der in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil es an dem Merkmal der "Gewalt" fehle. Nach den vom Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren Fall aufgestellten Grundsätzen reiche es für die Verwirklichung des Gewaltbegriffs nicht aus, dass ein Täter Gewalt androht oder anwendet, um ein Verfassungsorgan zu einem erstrebten Handeln zu veranlassen. Erforderlich sei vielmehr, dass von der gegenüber Dritten ausgeübten Gewalt ein derartiger Druck auf das Verfassungsorgan ausgehe, der geeignet ist, den entgegenstehenden Willen des Verfassungsorgans zu beugen. Das sei hier nicht der Fall. Zwar seien dem Verfolgten als Initiator und Verfechter der Umsetzung des Referendums die am Wahltag stattgefundenen Gewalttätigkeiten zuzurechnen. Diese seien nach Art, Umfang und Wirkung jedoch nicht geeignet gewesen, die Regierung derart unter Druck zu setzen, dass sie sich "zur Kapitulation vor der Forderung der Gewalttäter" gezwungen gesehen hätte.

Weniger einschneidende Maßnahmen ausreichend

Eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder gemäß Art. 432, 252 des spanischen Strafgesetzbuches erscheine demgegenüber jedenfalls nicht von vornherein unzulässig. Insoweit seien noch weitere tatsächliche Umstände zu klären und weitere Informationen einzuholen. Anhaltspunkte dafür, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung der Gefahr politischer Verfolgung im Sinne des § 6 Abs. 2 IRG ausgesetzt sein könnte, seien nicht ersichtlich. Dem Verfolgten werde mit der Veruntreuung öffentlichen Gelder eine konkrete, auch nach deutschem Recht als Untreue strafbare Handlung zur Last gelegt, nicht seine politische Gesinnung. Der Haftgrund der Fluchtgefahr liege vor. Da aber eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der "Rebellion" unzulässig sei, sei die Fluchtgefahr deutlich herabgemildert. Weniger einschneidende Maßnahmen als der Vollzug der Auslieferungshaft reichten zur Sicherung des Auslieferungsverfahrens aus.

Redaktion beck-aktuell, 6. April 2018.

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