Beklagter eignete sich herrenloses Wegegrundstück an
Die Kläger sind Miteigentümer eines Hausgrundstücks, auf dem sich auch eine Garage befindet. Dieses Hausgrundstück ist über einen Weg erreichbar. Der Weg wird seit 1969 von den jeweiligen Bewohnern des Hausgrundstücks benutzt. Seit Anfang 2019 steht der Weg im Eigentum des Beklagten und seiner Ehefrau, die das Straßengrundstück von dem Voreigentümer erworben haben. Der Voreigentümer wiederum hatte sich das Straßengrundstück im Jahr 2017 angeeignet, nachdem der Weg durch Eigentumsaufgabe herrenlos geworden war und sich weder die Gemeinde noch die Kläger das Weggrundstück angeeignet hatten.
Nachbarn klagen wegen Behinderung der Zufahrt zu ihrem Grundstück
Im Januar 2019 wandte sich der Beklagte an die Kläger und die anderen Anlieger des Weges. Er untersagte ihnen jegliche Nutzung ohne schriftliche Zustimmung der neuen Eigentümer und bot Gespräche an, um eine für die Anlieger attraktive Lösung zu finden. Später errichtete er Verbotsschilder und sperrte den Weg ab. In einem gerichtlichen Eilverfahren wurde er zur Unterlassung der Sperrung verpflichtet. Mit ihrer Klage verlangten die Kläger vom Beklagten nun, es zu unterlassen, auf dem Weg Hindernisse zu errichten, die die Zufahrt erschweren. Das Landgericht Lübeck gab der Klage statt. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein.
OLG bejaht Notwegerecht
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Der Unterlassungsanspruch der Kläger ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Kläger hätten ein Notwegerecht an dem Straßengrundstück des Beklagten. Ihr Grundstück habe keine direkte Anbindung an ein öffentliches Grundstück. Die ordnungsgemäße Benutzung ihres Hausgrundstücks erfordere auch, dass Kraftfahrzeuge zum Haus gelangen können, denn die auf dem Grundstück errichtete Garage sei genehmigt und die Nutzung der Garage somit ordnungsgemäß. Dem Notwegerecht stehe nicht entgegen, dass die Kläger auch über zwei andere Wege zu ihrem Grundstück gelangen können. Der eine Weg könne von Kraftfahrzeugen nicht benutzt werden. Der andere Weg stehe ebenfalls im Eigentum des Beklagten und seiner Frau und es sei nicht erkennbar, dass die Nutzung dieses Weges den Beklagten weniger belasten würde.
Kein Rechtsmissbrauch wegen unterlassener eigener Aneignung
Der Umstand, dass sich die Kläger den Weg selbst hätten aneignen können, mache die Ausübung ihrer Unterlassungsansprüche nicht rechtsmissbräuchlich. Ihr Standpunkt, dass es Sache der Gemeinde gewesen wäre, das Eigentum an dem Weg zu erwerben, sei nicht sachfremd, sodass es kein widersprüchliches Verhalten darstellt, sich auf die jetzige Notlage zu berufen.