OLG Schleswig: Landessozialministerium kann von Blinden- und Sehbehindertenverein auflagengemäße Verwendung erhaltener Erbschaft verlangen

Das Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein kann vom Blinden- und Sehbehindertenverein Schleswig-Holstein e.V. verlangen, dass dieser die im Testament eines Erblassers angeordnete Auflage erfüllt und unter anderem einen Geldbetrag in Höhe von rund 231.000 Euro für die Bezirksgruppe Rendsburg verwendet. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht mit Urteil vom 08.09.2017 entschieden (Az.: 3 U 16/17).

Streit um Erfüllung testamentarischer Auflage

Das klagende Ministerium ist unter anderem für die Unterstützung blinder und sehbehinderter Menschen zuständig. Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit demselben Ziel. Er ist in rechtlich unselbstständige Bezirksgruppen gegliedert. Ein 2009 verstorbener Mann hatte den Beklagten in seinem Testament zu seinem Erben eingesetzt, verschiedene Vermächtnisse ausgesetzt und im Übrigen eine Verwendung seines Vermögens ausschließlich zugunsten der Bezirksgruppe Rendsburg angeordnet. Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob und in welcher Höhe der Beklagte diese testamentarische Auflage bereits erfüllt hat.

LG und OLG verurteilen Verein zu auflagenmäßiger Verwendung von rund 231.000 Euro

Das Landgericht Kiel hat den Beklagten unter anderem dazu verurteilt, ein Vermögen in Höhe von rund 231.000 Euro entsprechend der testamentarischen Anordnung zu verwenden und der Klägerin jährlich Rechenschaft über den Vollzug der Auflage aus dem Testament abzulegen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das OLG Schleswig zurückgewiesen.

Gelder bisher nicht auflagengerecht verwendet

Die Klägerin könne als zuständige Behörde (§ 2194 BGB) von dem Beklagten die Vollziehung der testamentarischen Auflage verlangen. Der Beklagte habe die bisher aus dem Nachlass entnommenen Gelder nicht auflagengerecht eingesetzt. Dem Erblasser sei es darauf angekommen, dass sein Nachlass ausschließlich zugunsten der vor Ort in Rendsburg tätigen Selbsthilfegruppe verwendet wird. Der Beklagte dürfe deshalb weder einen Teil seiner allgemeinen Verwaltungskosten noch der Kosten einer landesweit eingesetzten mobilen Beratungsstelle ("BLIXX-Mobil") aus dem Nachlass entnehmen.

Verwendung für landesweit eingesetztes Beratungsmobil nicht auflagengerecht

Die Kosten für das "BLIXX-Mobil“, die der Beklagte mit rund 110.000 Euro zulasten der Bezirksgruppe Rendsburg angesetzt hat, könnten selbst dann nicht mit Nachlassmitteln beglichen werden, wenn das "BLIXX-Mobil" bevorzugt im Einzugsbereich der Bezirksgruppe eingesetzt worden wäre. Ein bevorzugter Einsatz in Rendsburg hätte nämlich gegen den Subventionsbescheid verstoßen, der ausdrücklich vorsah, dass die mobile Beratung im ganzen Land Schleswig-Holstein gleichmäßig eingesetzt werden muss. Außerdem würde eine anteilige Kostenbeteiligung die Bezirksgruppe Rendsburg gegenüber den anderen Bezirksgruppen benachteiligen, weil diese sich nicht ebenfalls an den Kosten beteiligen müssen. Überdies sei nicht belegt, in welchem Umfang genau das Beratungsmobil im Einzugsbereich der Ortsgruppe Rendsburg zum Einsatz kam. Letztlich liege die mit dem Beratungsmobil geleistete Aufklärungs- und Beratungsarbeit in der Bevölkerung nicht spezifisch im Interesse der Bezirksgruppe Rendsburg. Es handele sich vielmehr um eine landesweit wahrzunehmende Aufgabe des ganzen Vereins.

Leeres Nachlasskonto bedingt noch keine Unmöglichkeit der Auflagenerfüllung

Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Erfüllung der Auflage dadurch unmöglich geworden ist, dass er die Ausgaben vom Nachlasskonto getätigt hat und die Geldbeträge dort nicht mehr vorhanden sind. Das Nachlassvermögen und das sonstige Vermögen des Vereins seien durch den Erbfall zu einer Einheit verschmolzen. Damit sei auch das Nachlasskonto nur noch eines von mehreren Konten des Vereins. Daraus folge, dass dem Verein die Erfüllung der Auflage so lange möglich ist, so lange er insgesamt über ein Geldvermögen in Höhe des Nachlassvermögens verfügt.

Verein muss künftig Auskunft über Verwendung der Erbschaft erteilen

Der Beklagte sei darüber hinaus verpflichtet, der Klägerin zukünftig Auskunft über die Verwendung der Erbschaft zu erteilen, damit die Klägerin die Erfüllung der testamentarischen Auflagen überprüfen kann.

OLG Schleswig, Urteil vom 08.09.2017 - 3 U 16/17

Redaktion beck-aktuell, 11. September 2017.