Irreführende Werbung für "grünen Regionalstrom" untersagt

Das Oberlandesgericht Schleswig hat eine Werbung für "grünen Regionalstrom [...] direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose" als irreführend untersagt. Strom aus Anlagen, die mehrere 100 Kilometer vom Verbraucher entfernt stehen, sei kein "Regionalstrom". Auch gelange der Strom nicht direkt von der Anlage in die Steckdose der Verbraucher, wenn er in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird und sich dort mit Strom aus anderen Quellen vermischt.

Streit um Werbeaussagen

Der Kläger ist ein Verein zur Förderung lauteren Geschäftsverkehrs. Die Beklagte vermittelt Energielieferungsverträge mit Unternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Die Beklagte bewirbt ihr Angebot unter anderem mit folgender Werbeaussage: "Sauberer Strom aus der Nachbarschaft: Ob aus Wind, Sonne oder Biomasse – wir vernetzen dich mit dem Strom, der in deiner Nähe erzeugt wird. Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose. So bekommst du 100% saubere Energie." Daneben verwendet sie in ihrer Werbung den Begriff "grüner Regionalstrom". Der Kläger verlangt von der Beklagten die Unterlassung dieser Werbeaussagen, die nach seiner Auffassung wettbewerbswidrig sind.

Eindruck einer Lieferung direkt aus Anlage des Betreibers falsch

Das Landgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte nun Erfolg. Das OLG Schleswig hält die Werbeaussagen für irreführend, weswegen sie von der Beklagten zu unterlassen seien. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, 3 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Werbeaussage "Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose" erwecke den Eindruck, dass der gelieferte Strom unmittelbar und direkt aus der Anlage desjenigen Betreibers stammt, mit dem der Verbraucher den Energielieferungsvertrag abgeschlossen hat. Dieser Eindruck werde durch den weiteren Inhalt des Werbeauftritts unterstrichen. Das sei jedoch objektiv falsch, weil der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom in das allgemeine Stromnetz einspeise und sich der Strom dort mit Strom aus anderen Quellen vermische.

Strom aus mehreren 100 Kilometer entfernten Anlagen kein "Regionalstrom"

Auch die Aussage, dass die Beklagte "grünen Regionalstrom" vermittele, sei unlauter, weil der beworbene Strom nicht nur aus Anlagen in räumlicher Nähe des Verbrauchers stamme, so das OLG weiter. Unter den Beschreibungen "grüner Regionalstrom" und "Sauberer Strom aus der Nachbarschaft" verstehe der Verbraucher solchen Strom, der aus Wind, Sonne oder Biomasse in einer Stromerzeugungsanlage in seiner Nähe gewonnen wird. Da die Werbung die räumliche Nähe und die Förderung des lokalen Wirtschaftskreislaufs in den Vordergrund stellt, sei der Begriff der Region eng zu verstehen. Entscheidend sei, ob die Anlage aus Sicht des verständigen Verbrauchers noch als Teil der lokalen Wirtschaft angesehen werden kann. Das sei bei dem von der Beklagten vermittelten Strom nicht durchgehend der Fall. Sie vermittele auch Strom aus Anlagen, die mehrere 100 Kilometer von dem interessierten Verbraucher entfernt stehen.

OLG Schleswig, Urteil vom 03.09.2020 - 6 U 16/19

Redaktion beck-aktuell, 21. September 2020.