Heimliches Entfernen des Kondoms beim Geschlechtsverkehr ist strafbar

Wenn ein Mann beim Geschlechtsverkehr heimlich das Kondom entfernt, obwohl eine Partnerin oder ein Partner dem Akt ausdrücklich nur mit Präservativ zugestimmt hat, erfüllt dies juristisch den Tatbestand eines sexuellen Übergriffs. Zu diesem Schluss ist das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht heute gekommen. Es hob einen Freispruch der Vorinstanz auf.

AG hatte "Stealthing" als nicht strafbar angesehen

Die Richter des II. Strafsenats hoben einen Freispruch des Kieler Amtsgerichts zu einem Fall des sogenannten Stealthings (von "stealth" = engl. Heimlichkeit) auf. Das Amtsgericht hatte den Mann im November 2020 freigesprochen. Nach Angaben eines OLG-Sprechers muss sich jetzt eine andere Abteilung des Kieler Amtsgerichts erneut mit dem Fall befassen. Dem Mann war vorgeworfen worden, er habe während einer Pause beim Geschlechtsverkehr - vom Opfer unbemerkt - das Kondom entfernt und den Geschlechtsverkehr ungeschützt fortgesetzt. Das Opfer hatte nach Angaben des Gerichts den Angeklagten zuvor mehrfach darauf hingewiesen, dass es Geschlechtsverkehr nur mit Kondom wolle. Das Amtsgericht hatte das Verhalten des Mannes nicht für strafbar gehalten und den Angeklagten freigesprochen. Dagegen hatten die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin Revision beantragt.

OLG bejaht sexuellen Übergriff

Die Richter des OLG kamen dagegen am Freitag zu einem anderen Ergebnis. Erkläre ein Opfer vor dem Geschlechtsverkehr, dass es diesem nur mit Kondom zustimme, so könne das ungeschützte Eindringen auch dann als sexueller Übergriff strafbar sein, wenn das Opfer das Fehlen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs nicht bemerke, sagte ein OLG-Sprecher.

OLG Schleswig, Urteil vom 19.03.2021 - 4 Ss 13/21

Redaktion beck-aktuell, 19. März 2021 (dpa).