Nach Orkantief: Lagerbetreiber haftet für beschädigte Yacht

Bei unsachgemäßer Einlagerung eines Schiffes im Winterlager haftet der Lagerbetreiber für Schäden. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig entschieden. Auf das Vertragsverhältnis zwischen Schiffseigner und Lagerbetreiber sei auch dann Lagervertragsrecht anwendbar, wenn die zugrundeliegende Vereinbarung als "Miet-Vereinbarung" bezeichnet wurde. Anders als bei einem Mietvertrag schulde der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache.

Versicherung verklagt Lagerbetreiberin auf Erstattung

Die Yacht eines Bootseigners war im Oktober 2013 beim Orkantief "Christian" im Winterlager vom Lagerbock gefallen. Dabei bohrte sich eine Stütze des Lagerbocks in den Schiffsrumpf. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 100.000 Euro. Nur wenige Tage zuvor hatten Mitarbeiter der Lagerbetreiberin die Yacht mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf den Lagerbock gesetzt. Zwischen die Ablageflächen und den Rumpf hatten die Mitarbeiter mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile anbrachten. Der Kiel lagerte auf einer lose aufliegenden Stahlschwelle. Die Yacht stand auf einer Freifläche und war vom Eigentümer mit einer Plane abgedeckt worden. Die Versicherungen des Yacht-Eigentümers beglichen ihm den durch den Vorfall entstandenen Schaden und verklagten die Lagerbetreiberin auf Erstattung.

LG weist Klage unter Anwendung von Mietvertragsrecht ab

Das Landgericht wies die Klage zunächst mit der Begründung ab, dass das Vertragsverhältnis bezüglich des Stellplatzes und des Lagerbocks als Mietvertrag anzusehen sei. Ein Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks sei nicht erkennbar. Eine besondere Beschaffenheit hätten die Vertragsparteien nicht vereinbart. Selbst wenn die Betreiberin fahrlässig einen zu kleinen Lagerbock zur Verfügung gestellt haben sollte, sei eine Haftung aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam für Sachschäden ausgeschlossen. Besondere Verwahrpflichten treffe das Winterlager nicht. Die dagegen eingelegte Berufung war nunmehr erfolgreich.

OLG wendet Lagervertragsrecht an und gibt Klage statt

Nach Auffassung des OLG ist auf die vertragliche Vereinbarung Lagervertragsrecht anwendbar, auch wenn der Vertrag als "Miet-Vereinbarung" bezeichnet wurde. Die Haftung der Betreiberin ergebe sich aus §§ 475 S. 1 HGB, 86 Abs. 1 Satz 1 VVG. Anders als bei einem Mietvertrag schulde der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache. Die Qualifizierung als Lagervertrag ergebe sich insbesondere aus der tatsächlichen Handhabung der Vertragspartner. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass ausschließlich die Mitarbeiter der Betreiberin die Yacht gelagert hätten - und zwar eigenverantwortlich. Zudem sei dem Bootseigentümer kein besonderer Stellplatz zugewiesen worden.

Lagerung "in höchstem Maße unfachmännisch" - Schiffseigner ohne Mitschuld

Die verantwortlichen Mitarbeiter hätten grob fahrlässig gehandelt. So hätten sie die Yacht auf einen dafür ungeeigneten Lagerbock gesetzt und keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen, obwohl erkennbar gewesen sei, dass die Yacht seitlich kaum abgestützt war und man an der Ostseeküste stets mit starkem Seitenwind rechnen muss. Die Abstützung des Gewichts des Schiffes von knapp neun Tonnen auf einer losen Stahlschiene mit diversen Hölzern dazwischen wirke von vornherein in höchstem Maße unfachmännisch. Der Schiffseigner sei hingegen durch das Abdecken mit einer Plane nicht mitverantwortlich für den Schaden, betont das OLG. Zwar könne eine solche Plane eine erhöhte Windlast verursachen. Die Lagerbetreiberin hätte jedoch auf die Risiken der Verpackung mit einer Plane hinweisen müssen. Dies habe sie zur Überzeugung des OLG unterlassen.

OLG Schleswig, Urteil vom 22.08.2022 - 16 U 114/21

Redaktion beck-aktuell, 25. August 2022.