Ein Autofahrer wurde geblitzt, als er gerade mit seinem Handy am Ohr zu schnell fuhr. Das Amtsgericht Norden verurteilte einen Mann deshalb zu einer Geldbuße in Höhe von 150 Euro, obwohl dieser seine Täterschaft bestritten hatte. Der Tatrichter listete in seinen Urteilsgründen lediglich die den Fahrer identifizierenden Merkmale auf, ohne auf das konkrete Blitzerfoto Bezug zu nehmen. Er versäumte es sogar, überhaupt zur Qualität des Messfotos Stellung zu nehmen. Der Betroffene beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Oldenburg – mit Erfolg.
Das OLG (Beschluss vom 23.10.2023 – 2 Orbs 168/23 (301 Js 10057/23)) stützte sich auf die grundlegende Entscheidung des BGH (Beschluss vom 19.12.1995 - 4 StR 170/95), um daran zu erinnern, dass das Rechtsmittelgericht anhand der Gründe überprüfen können muss, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Dazu könne die Tatrichterin oder der Tatrichter entweder auf das in der Akte befindliche Foto nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG Bezug nehmen, so dass es zum Bestandteil der Urteilsgründe wird. Das Rechtsmittelgericht könne dann aus eigener Anschauung beurteilen, ob es für eine Identifizierung geeignet ist.
Verweise das Gericht hingegen nicht auf das Foto, müsse es die Abbildung so genau beschreiben, dass das Rechtsmittelgericht in die Lage versetzt wird, dessen Tauglichkeit zu überprüfen. Insbesondere forderte das OLG Ausführungen zur Bildauflösung und -Schärfe. Auch die abgebildete Person müsse genau beschrieben werden – je mehr charakteristische Merkmale, desto besser.
Nicht nur Hinweis, sondern Aufhebung des Urteils
Das OLG wich von seiner früheren Praxis ab, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen und die erste Instanz lediglich auf den Fehler hinzuweisen. Vielmehr vertraute es nicht länger darauf, dass das Amtsgericht diesen Fehler nicht wiederholen werde, und hob das Urteil auf. Seit dem Beschluss des BVerfG (Beschluss vom 27.10.2015 - 2 BvR 3071/14) sehe es sich gehalten, die Entscheidung aufzuheben, weil sonst – laut BVerfG – die Gefahr bestehe, dass die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einfach leerlaufe.